angel/angle
(ich) angel / angle (Frage 6f)
Die meisten deutschen Verben haben einen einsilbigen Stamm, an den die Flexionsendungen angehängt werden. Teilweise enthalten diese Endungen ein Schwa (geschrieben <e>, aber gesprochen als „Murmelvokal“), teilweise nicht (lach-en, lach-e, lach-te vs. lach-t). Man ist insofern daran gewöhnt, dass Verbformen hinter dem Stamm nur noch eine Silbe mit Schwa haben oder gar keine weitere Silbe. Bei Verben, die schon einen zweisilbigen Stamm mit einem Schwa haben (angel-n, wander-n), ergeben sich aus der Kombination von Stamm und Schwa-haltigen Flexionsendungen allerdings drei Silben, zwei mit Schwa hintereinander (lächel-te, wander-te). Das ist grundsätzlich möglich – auch bei einsilbigen Verbstämmen kommt dies vor, in Fällen, wo ein Schwa eingefügt wird, weil die Kombination von Stamm und Endung sonst schlecht auszusprechen und/oder zu erkennen wäre (rechn-e-te, red-e-te).
Wenn die Endung allerdings nur aus einem Schwa besteht wie in der 1. Person Singular Präsens (Endung -e – unser Beispielsatz: „Sonntags angel / angle ich gern(e).“), gibt es bei Verben wie angeln die Möglichkeit, eins der beiden Schwa wegzulassen, ohne dass die Form unaussprechbar oder missverständlich wird. Die resultierende zweisilbige Form hat dann ein Schwa entweder vor oder hinter dem letzten Konsonanten: ich angel oder ich angle (vgl. ähnlich im Imperativ, s. Kt. 6h lächel/lächle).
Da es immer unbetont ist und nur „gemurmelt“ wird, gibt es generell eine Tendenz, Schwa ganz wegzulassen. Auch bei vielen standardsprachlichen Formen wie Glück, mhd. noch gelücke, ist Schwa weggefallen. Die weitgehende Erhaltung des Schwa in Flexionsendungen ist demgegenüber eine Besonderheit des Standarddeutschen, die es von den meisten deutschen Dialekten unterscheidet.
Bei Verbformen der 1. Person Singular Präsens Indikativ ist es in der Alltagssprache praktisch überall üblich, das -e wegzulassen, die Form ist auch so eindeutig und in der Kombination mit dem häufig darauffolgenden ich ist es für die Aussprache günstiger, wenn die Verbform auf einen Konsonanten endet (vgl. a. ‚habe ich‘ https://www.atlas-alltagssprache.de/r11-f8a/). So sagt man im allergrößten Teil des Sprachgebiets Am Sonntag angel ich. (Die gesprochene Alltagssprache unterscheidet sich in diesem Punkt stark vom geschriebenen Gebrauchsstandard, vgl. die Karte in der Variantengrammatik: http://mediawiki.ids-mannheim.de/VarGra/index.php/E-Ausfall_bei_Verben_auf_-eln_und_-ern ).
Aber nicht überall: In einem Teil des ostmitteldeutschen Gebiets (Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, mit einigen Ausläufern weiter nach Norden, wurde vielfach auch die Form angle angegeben, die auch zweisilbig ist, aber das Schwa im Stamm weglässt statt in der Endung. Vereinzelt wurde diese Form auch noch in anderen Gebieten genannt, etwas häufiger in Österreich. Vor allem aber ist sie in der Schweiz üblich: Dort wurde praktisch ausschließlich angle angegeben.
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- 12.12.2023