Artikel + Vorname

9_02a

 

9_02b

  Artikel + Vorname (unter Freunden) (Frage 2a), (in der Schule) (Frage 2b)

Von der Mitte Deutschlands an nach Süden hin ist es in der Alltagssprache allgemein üblich, vor Vornamen den bestimmten Artikel zu setzen: Weiß jemand, wo der Simon / die Anna ist? Die Meldungen aus diesem Raum stimmen darin völlig überein, nur in der deutschen und belgischen Eifel gibt es einige Abweichungen. Etwas weiter nördlich, in Westfalen und im Norden von Sachsen/Thüringen sowie in Brandenburg gibt noch ein Teil der Informanten an, dass zumindest manchmal der Artikel zu hören ist, für andere ist er hier schon unüblich, wie in Norddeutschland allgemein. Dieser Süd-Nord-Gegensatz mit einem Übergangsstreifen in der Mitte zeigt sich in allen Karten zu diesem Phänomen, allerdings mit kleinen Unterschieden je nach Gebrauchskontext: In Frage 2a hatten wir angegeben, dass (der) Simon und (die) Anna gute Freunde des Sprechers/der Sprecherin sind. Wenn es sich stattdessen – wie bei Frage 2b vorgegeben – um eine Frage nach einem/einer Schüler(in) in einem schulischen Kontext handelt, ist der Artikel vor allem in dem mittleren Übergangsgebiet offenbar gebräuchlicher, als wenn es um Erwachsene geht; jedenfalls gibt bei Frage 2b eine Reihe von Informanten nun „manchmal“ statt „unüblich“ an. Das Alter der Person, um die es geht, scheint demnach eine Rolle zu spielen, oder aber der Kontext „Schule“ hat eine Bedeutung für den Artikelgebrauch.

Bellmann (1990, 274) hat festgestellt, dass in dem Satz „(Der) Peter hat sehr gut vorgelesen“ (Lehrer zur Klasse) auch ein Teil seiner Informanten aus dem Norden den Artikel setzen würden, die ansonsten keinen Artikel verwenden, und erklärt dies mit der Expressivität dieser lobenden Äußerung. Nach unseren Karten scheint jedoch auch bei einer neutralen Äußerung der Bezug auf Schüler (oder Kinder allgemein?) den Gebrauch des Artikels zu begünstigen. Gut möglich erscheint ein Zusammenhang mit der vertraulichen Wirkung, die dem bestimmten Artikel bei Namen gerade dort zugeschrieben wird, wo er nicht durchgehend üblich ist (vgl. Nübling et al. 2012, 124; Bellmann 1990, 259-273).

Im Vergleich zu der Karte aus der 3. Runde (AdA), bei der nach dem Satz Ich gehe zu(m) Peter gefragt worden war, ist kaum ein Unterschied zu bemerken, abgesehen davon, dass damals die Option „manchmal“ nicht zur Verfügung stand (in den entsprechenden Gebieten wurde stattdessen durchgehend „zu Peter“ ohne Artikel angeklickt). Danach scheint die Tatsache, dass der Artikel bei zu-m Peter auch den Vorteil hat, dass er den Dativ erkennen lässt (vgl. Nübling et al. 2012, 124f.), hier keine besondere Rolle zu spielen. Gegenüber der WDU-Karte (4-76, Ist (die) Ruth krank?), in der auch die Antwort „manchmal“ verzeichnet ist, ist in unseren Karten in dem Übergangsgebiet in der Mitte teilweise eine Ablösung von „unüblich“ durch „manchmal“ zu erkennen. So gibt es in der WDU-Karte noch eine Reihe von „wird nicht verwendet“-Meldungen im nördlichen Rheinland, in Sachsen und im südlichen Brandenburg. Es lässt sich daraus schließen, dass sich die Verwendung von Vornamen mit dem bestimmten Artikel in der Alltagssprache weiter ausbreitet.