Pustekuchen/Pfeife(n)deckel
Pustekuchen / Pfeife(n)deckel (Frage 2d)
Für die Situation, dass jemand etwas Angenehmes erwartet hatte und enttäuscht wird, also z.B. mit Freibier gerechnet hatte und keins bekommt, gibt es vor allem in Deutschland zwei spezielle Ausdrücke, beide in Form eines Ausrufs: Pustekuchen! oder Pfeife(n)deckel!
In der Nordhälfte von Deutschland und in Ostbelgien wurde unser Beispielsatz überall mit Pustekuchen! vervollständigt, aber auch in Bayern, Baden-Württemberg, der Pfalz und dem Saarland ist dieser Ausdruck üblich. Seine vollständige Durchsetzung nördlich der Mainlinie, also im historischen preußischen Einflussgebiet (inklusive Ostbelgien, aber ohne Luxemburg), passt dazu, dass er sich wohl im 19./20. Jh. von Berlin aus verbreitet hat: Belegt ist er jedenfalls im 20. Jh. zuerst dort, als Erweiterung des älteren Ausdrucks Ja Kuchen!, der genauso verwendet wurde (Pfeifer) – den Zusatz Puste- erklärt Pfeifer mit dem Verb pusten in der Bedeutungsvariante ‘unwillig blasen, jmdm. etw. verweigern’. Dass dieser Zusatz aufkam, hat vielleicht damit zu tun, dass „Kuchen!“ für etwas Negatives eigentlich unverständlich ist, Kuchen hat hier ursprünglich auch nichts mit dem deutschen Wort Kuchen zu tun, sondern geht auf das hebräischee chochom ‘schlau’ zurück, in der jiddischen Redewendung ja chochom, aber nicht lamdon ‘schlau, gerissen, aber nicht klug und weise’, die in Berlin zu ja Kuchen, nich London (belegt Anfang des 19. Jhs.) verballhornt wurde (Pfeifer, unter Bezug auf Wolf S. 187, s. a. Lasch 1928 S. 189), also etwa ‘Das hast du dir wohl so gedacht...!’.
In der Südhälfte von Deutschland und gelegentlich auch in der Schweiz und in Vorarlberg konkurriert Pustekuchen! mit dem Ausruf Pfeife(n)deckel!. Das Wort, das eigentlich die Abdeckung des Pfeifenkopfes bezeichnet, hat in verschiedenen Varietäten diverse Verwendungsweisen angenommen, die zumeist mit der Bezeichnung von Geringfügigkeit o.ä. zu tun haben (Bezeichnung für einen unwichtigen und/oder dummen Menschen; Offiziersdiener, s. Wiktionary mit weiterführenden Angaben) oder mit einer Form von Zurückweisung (verspottende oder ausweichende Antwort auf Fragen, s. RhWb Bd. 6, Sp 691; Ausdruck entschiedener Ablehnung, s. PfWb Bd. 1, Sp. 808 u.ä.). Als Ausdruck einer enttäuschten Erwartung ist der Ausruf nach Küpper seit dem späten 19. Jh. bezeugt.
In der Grafschaft Bentheim, ganz im Westen Niedersachsens, wurde vereinzelt der Ausruf Flöte(n)piepen angekreuzt. Piepe ist das niederdeutsche und niederfränkische Wort für ‘Pfeife’, bezieht sich hier aber nicht auf die Tabakpfeife, sondern auf das ‘Holzrohr’ bzw. ‘Weidenrohr’. Flöte(n)piep(e) ist das ‘Rohr, mit dem man flöten kann’, also das einfache Musikinstrument (für Kinder). (Ja,) Flöte(n)piepen! als Ausdruck für ‘das gibt es nicht’ bzw. ‘jemandes Erwartungen, Wünsche, Ansprüche werden nicht erfüllt’ ist bzw. war im Dialekt im Rheinland und in Westfalen üblich (s. RhWb Bd. 2, Sp. 657f. ; WWb Bd. 2, Sp. 776).
In Österreich außerhalb von Vorarlberg, in Südtirol sowie weitgehend auch in der Schweiz gibt es offenbar keinen vergleichbaren Ausruf mit einem Nomen wie Pfeifendeckel oder Pustekuchen für solche Situationen.
- [Impressum]
- [Datenschutz]
- 27.12.2023