bange
bange (Frage 3b)
Die Karte zeigt deutlich, dass bange mit der im Fragebogen angeführten Konstruktion (Im Dunkeln sind unsere Kinder oft etwas bange.) eine vorwiegend nord- und nordwestdeutsche Erscheinung ist: Südlich des Mains und ebenso in Ostdeutschland wurde dies praktisch nirgendwo als üblich eingestuft und sehr verbreitet als unüblich. In Österreich und Südtirol wurde sogar "Das hört man bei uns manchmal" kaum bzw. nie angeklickt. Im Südwesten und in Ostdeutschland, vor allem im Norden, ist die Angabe "manchmal" häufiger bzw. vorherrschend. Im Nordwesten, etwa von der Mosel bis Fehmarn, steht jedoch fast überall neben "manchmal" auch "üblich".
Das Wort bange 'ängstlich' gehört etymologisch zu eng, es geht auf eine präfigierte Form be-ange zurück, die zunächst als Adverb verwendet wurde und dementsprechend im Althochdeutschen keine i-Endung hatte, die den Umlaut zu e bewirkt hätte (wie auch das Adverb zu eng(e) im Mittelhochdeutschen noch ange lautete; vgl. z.B. auch das Adverb fast und das Adjektiv fest, die erst im Lauf der Zeit einen Bedeutungsunterschied entwickelt haben). Nach Lexer ist die präfigierte Form bange in mittelhochdeutscher Zeit eine spezifisch niederdeutsche Entsprechung zum hochdeutschen ange; auch im Mittelniederländischen ist banghe belegt (EWN).
Angst hat denselben etymologischen Hintergrund wie bange, es handelt sich um eine Abstraktbildung auf -st zu demselben Adjektiv germ. *angu- 'eng', die also zunächst den Zustand der Enge bezeichnet (Pfeifer, Duden-Etymologie). Eine metaphorische Übertragung auf einen psychischen Zustand (ähnlich wie bei beklemmend/ beklommen oder bedrückt) findet sich auch bei Ableitungen von derselben indoeuropäischen Wurzel außerhalb der germanischen Sprachen, vgl. z.B. frz. angoisse 'Angst' lat. angustia 'Enge' , Pl. angustiae 'Schwierigkeit, Not'.
Bei Luther erscheint bange schon häufig (und nur) in der subjektlosen Konstruktion mit Dativ mir ist bange, ihm ward bange (usw.), auch schon in der – also eigentlich verdoppelnden – Verbindung (jemandem wird) angst und bange (DWB, I, 1102), die heute noch existiert. Auch Adelung bemerkt, dass bange mit sein, werden und machen verbunden werde, in den ersten beiden Fällen mit Dativ, im dritten mit Akkusativ (jemanden bange machen); die Verwendung mit Nominativ Ich bin/werde bange sei dagegen (nur) "in der niedersächischen [= niederdeutschen] Mundart" üblich, "welche Wortfügung sich denn auch zuweilen in das Hochdeutsche mit einschleicht, wo sie aber alle Mahl fehlerhaft ist" (Adelung I, 714). Auch im Niederländischen ist die ältere Konstruktion mij is bange (WNT), heute üblich ist dagegen ik ben bang.
Die ursprünglich auf den Norden bzw. Nordwesten beschränkte Verbreitung ist in der Karte immer noch zu erkennen.
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- 11.09.2021