Donnerstag in einer Woche
Donnerstag in einer Woche (Frage 4c)
Wenn man bei Verabredungen nur den Wochentag statt eines Datums nennt (z.B. Passt es dir am Donnerstag?), bezieht man sich normalerweise auf den nächstfolgenden entsprechenden Wochentag. Wenn man sich nun aber – so unsere Frage – am Mittwoch, 11. Dezember, für Donnerstag, 19. Dezember verabredet ("Wir sehen uns dann ..."), muss irgendwie präzisiert werden, dass nicht schon der nächstfolgende Donnerstag, also der 12., gemeint ist. Die Variante Donnerstag in einer Woche führt die beschriebene Logik fort: Vom nächstfolgenden Donnerstag aus wird eine Woche dazugerechnet. In der Schweiz wurde fast durchgehend diese Variante angegeben, in der westlichen Hälfte von Deutschland ist sie immerhin sehr häufig, im übrigen Gebiet allerdings seltener. Donnerstag in 8 Tagen funktioniert ebenso, auffällig daran ist allerdings die Rechnung von acht Tagen für eine Woche. Unser Beispielfall ist hier etwas irreführend, weil es da vom Tag der Verabredung an gerechnet, also ab Mittwoch, tatsächlich noch 8 Tage wären. Der Ausdruck in 8 Tagen bezieht sich aber allgemein auf eine Woche, gerechnet wird in unserem Fall ab Donnerstag. Es handelt sich hier um eine "Inklusivzählung", das heißt, dass schon der erste, also der aktuelle Tag mitgezählt wird. Bei der Berechnung von (Zeit-)Abständen ist die Inklusivzählung seit der Einführung der Null (in Europa erst im 13. Jh.) unüblich geworden, während sie in älteren Zeitangaben, z.B. auch in der Bibel, der Normalfall ist (s. Hesse 2016). In der Angabe in 8 Tagen hat sich die Inklusivzählung im Deutschen erhalten, während man bei einem Zeitraum von zwei Wochen von vierzehn Tagen spricht. Die romanischen Sprachen sind hier konsequenter und bezeichnen einen Zeitraum von zwei Wochen als "15 Tage". (In juristischen Kontexten kann es mit solchen Angaben, besonders in mehrsprachigen Ländern wie der Schweiz, Verwicklungen geben.) Die insgesamt eher seltenen Meldungen von Donnerstag in 8 Tagen häufen sich vor allem im Westen etwas; gerade in den Gebieten mit stärkerem Kontakt zum Französischen kommen sie vor (Saarland, Elsass, Ostbelgien, Schweiz), aber verstreut erscheinen sie auch in anderen Regionen.
In Österreich und in der östlichen Hälfte von Deutschland dominiert klar die Variante nächsten Donnerstag. Streng genommen wäre der "nächste" Donnerstag im Beispielfall ja der Folgetag, der 12. Dezember, aber in dieser Verwendung ist damit der Donnerstag der nächsten Woche gemeint. In der siebten AdA-Runde wurde schon gefragt, woran jeweils bei der Zeitangabe nächsten + [Wochentag] gedacht ist. Die Ergebniskarte (http://www.atlas-alltagssprache.de/runde-7/f11a/) zeigt keine scharf abgegrenzten Gebiete, aber einen tendenziellen Ost-West-Unterschied, den die vorliegende Karte (klarer) bestätigt: In der Osthälfte des Sprachraums besteht danach ein deutlicherer Konsens, dass nächsten + [Wochentag] sich auf den entsprechenden Wochentag in der nächsten Woche bezieht, während die Bedeutung von nächsten im Westen offenbar weniger eindeutig ist, sodass Donnerstag in einer Woche die sicherere Formulierung ist.
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- 24.09.2021