nach/auf/gen [Ortsname] fahren

nach/auf/gen [Ortsname] fahren (Frage 4f)

Wenn ein Ortsname als Ziel angegeben wird, verwendet man im allergrößten Teil von Deutschland und Österreich sowie in Ostbelgien und in Südtirol die Präposition nach: I(ch) fahr nach München/Zürich/Salzburg. In Bayern, vor allem in der Osthälfte, sowie im österreichischen Bundesland Tirol (und als Zweitmeldung gelegentlich auch in anderen Bundesländern) wurde daneben auch auf (uf) angeklickt: I(ch) fahr auf/uf München/Zürich/Salzburg. In der Schweiz ist uf hier offenbar die einzig übliche Präposition, ebenso im Elsass und in Lothringen; in Luxemburg und Vorarlberg dominiert ebenfalls auf (uf). In Schwaben und Vorarlberg findet sich ganz vereinzelt noch eine weitere Variante, nämlich ge(n)/gege(n).

Nach geht auf dasselbe Wort zurück wie nahe (ahd. nāh). Von der Bedeutung 'nahe' ausgehend entwickelte sich bei dem (schon im Ahd. als Präposition verwendeten) Wort die Verwendung im Sinn „einer annäherung, einer folge und richtung nach räumlichen, zeitlichen oder modalen verhältnissen“ (DWB XIII, Sp. 10; vgl. a. Pfeifer). Im Vergleich zu anderen Funktionen der heutigen Präposition (etwa in nach Ladenschluss oder nach Informationen aus Regierungskreisen) ist die Vorstellung der „Annäherung“ bei nach + Ortsname noch gut erkennbar; allerdings versteht man das heute so, dass das angegebene Ziel auch erreicht wurde: Ich bin mit dem Fahrrad nach München gefahren, habe es aber nicht ganz geschafft würde man als widersprüchlich ansehen. Während nach in der Standardsprache nur (noch) bei Ortsnamen und Länder-/Regionennamen ohne Artikel als Zielangabe üblich ist, kommt es im Nordwesten Deutschlands darüber hinaus alltagssprachlich auch bei Personen oder Geschäften als Ziel vor: Ich gehe nach Peter/nach Aldi (s. https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-3/f10c-e/), wie niederländisch naar (Ik ga naar Pieter/naar Aldi).

Die Idee der Annäherung ist auch in verschiedenen Verwendungsweisen von auf zu erkennen, wo ein Ziel benannt wird: auf Tontauben zielen/schießen, auf etwas hinarbeiten, der Sturm auf die Bastille usw. Um eine Annäherung an eine Stadt ohne (oder vor) deren Erreichen auszudrücken, verwendet man auf … zu (z. B. auf München zu(fahren)) statt nach. Die vor allem bairische und schweizerische Verwendung von auf + Ortsname, um ein erreichtes Ziel anzugeben, geht hier einen Schritt weiter und ähnelt darin stark der Entwicklung bei nach. Die zahlreichen Zweitmeldungen von auf in Bayern lassen allerdings annehmen, dass dieser im Dialekt verankerte Gebrauch in der Alltagssprache zurückgeht. Im Französischen ist dagegen eine rezente Ausbreitung der Verwendung von sur 'auf' im Zusammenhang mit Orts- und Regionennamen zu verzeichnen (Je vais sur Paris statt ... à Paris), die teilweise sogar über die Angabe von Zielen hinaus bis zur Angabe von Positionen geht (J'habite sur Paris. 'Ich wohne in Paris'). Diese Entwicklung wird von der Sprachkritik angegriffen (z. B. https://www.lefigaro.fr/langue-francaise/expressions-francaises/aller-sur-paris-monter-dans-le-nord-ces-expressions-a-bannir-de-notre-langage-20201217).

Auch gen/gegen drückt zunächst einmal - und in den meisten Regionen weiterhin - die Bewegung in Richtung auf einen Ort aus und nicht dessen Erreichen. Die heute geläufigste Verwendung von gegen im Sinne von 'entgegen', 'wider' ist aus dieser Bedeutung entstanden, s. Pfeifer. Die (wenigen) Meldungen aus Schwaben und Vorarlberg weisen jedoch darauf hin, dass sich auch bei gen/gegen der Gebrauch so weiterentwickelt hat wie bei den beiden anderen Präpositionen.