egal/gleich/wurscht


11_6c_egal

egal/gleich/wurscht (Frage 6c)

Im Deutschen gibt es verschiedene Möglichkeiten, um die Tatsache auszudrücken, dass einem die Wahl zwischen verschiedenen Optionen gleichgültig ist, z. B. wenn man gefragt wird, ob man an einem Tisch links oder rechts sitzen will, und keine besondere Vorliebe hat (so das Beispiel zu der Frage). Da es vorkommt, dass man in unfreundlicher Absicht deutlich machen will, dass einen die fragliche Sache überhaupt nicht interessiert, war speziell gefragt, wie man „höflich antwortet“.

Die Variante, die auf der Karte dominiert, ist das ist mir egal; in der Nordhälfte von Deutschland kommen fast keine anderen Meldungen vor, und auch im Süden Deutschlands (außer in Bayern und im Osten von Baden-Württemberg) wurde vorwiegend dieser Ausdruck gemeldet, der auch im Osten von Österreich und im österreichisch-schweizerischen Grenzgebiet verwendet wird. Egal geht auf lat. aequālis ‘eben, gleich’ zurück und wurde in der ersten Hälfte des 17. Jhs. aus dem Französischen (égal) ins Deutsche übernommen. Die Verwendung im Sinn unserer Frage folgt ebenfalls der Entwicklung im Französischen (cela m’est égal) und ist erst seit der 1. Hälfte des 19. Jhs. im Deutschen zu finden (Pfeifer). Das Duden-Onlinewörterbuch markiert egal in dieser Verwendungsweise als umgangssprachlich und gibt als (standardsprachliches) Synonym gleichgültig an. Allerdings hat gleichgültig, das ja ursprünglich genau den Sachverhalt benennt, dass zwei oder mehr Dinge gleich viel gelten, also den gleichen Wert haben, im Lauf der Zeit auch die Bedeutung ‘ohne Interesse oder [innere] Anteilnahme’ angenommen (Duden online, vgl. DWB). Dadurch wird hier eine etwas stärkere Distanzierung ausgedrückt. So hat egal zwar einen etwas informellen Beiklang, es gibt aber keine genau äquivalente formellere Alternative, und egal kommt zum Ausdruck subjektiver Positionen auch in standardsprachlichen Kontexten (etwa Zeitungstexten) häufig vor.

Im Osten von Schwaben und Bayerisch-Schwaben sowie vor allem in der Schweiz und in Tirol, auch Südtirol, ist dagegen vorwiegend oder ausschließlich das ist mir gleich üblich. Auch im Bundesland Salzburg und (eher als Zweitmeldung) in Altbayern findet sich dieser Ausdruck, der in Duden online ebenfalls als umgangssprachlich eingestuft wird. Seine Entstehung ist durchsichtig: Gleich ist (wie engl. like) aus der Verbindung von germ. *līka- ‘Körper, Gestalt’ (vgl. Leiche) mit dem Präfix ga- entstanden, also zunächst etwa in der Bedeutung ‘denselben Körper, dieselbe Gestalt habend’ (Pfeifer – zur Entwicklung von *līka- vgl. auch das Suffix -lich) und von da aus weiter zu ‘identisch’ / ‘sehr ähnlich’; die Wahl zwischen mehreren Dingen führt aus Sicht der wählenden Person hier also in jedem Fall zum selben Ergebnis.

Vor allem in Bayern, aber auch in Österreich und (eher als Zweitmeldung) in Baden-Württemberg und verstreut darüber hinaus heißt es das ist mir wurscht. Das hier als Adjektiv gebrauchte Wort (Duden online) geht auf das Substantiv Wurst zurück; dessen Aussprache als Wurscht ist (wie bei anderen Wörtern mit rst, z. B. erst/erscht) in den Dialekten des ganzen hochdeutschen Raums normal (s. DIWA Kt. 418) und vielfach auch in der Alltagssprache üblich. Nicht recht klar ist dagegen, wie es zu der Verwendung von Wurst für ‘gleichgültig’ gekommen ist. Dieser Ausdruck ist Anfang des 19. Jahrhunderts zuerst in der Studentensprache belegt (Pfeifer, Kluge). Zumindest in Bayern scheint er früh in den allgemeinen Gebrauch übergegangen zu sein, jedenfalls ist er schon 1837 bei Schmeller verzeichnet. Nach Pfeifer erklärt er sich damit, dass die beiden Enden der Wurst gleich sind; ein anderer Erklärungsansatz ist, dass Wurst (auch in anderen Redensarten) für eine (nicht sehr wertvolle) Mischung mit unklarer Zusammensetzung steht, die man nicht genauer beurteilen kann oder will.

(Mitarbeit: Maxime Stephany)