Ratte/Ratz(e)

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Ratte/Ratz(e) (Frage 5c)

 

ratte

Foto: ich / pixelio.de

Für das (meist unbeliebte) mausartige Nagetier mit dem wissenschaftlichen Namen rattus, das auf dem Foto zu sehen ist, gibt es drei lautlich ähnliche Bezeichnungen im Deutschen: Ratte, Ratz und Ratze. Die Herkunft des Worts ist noch nicht geklärt (s. Pfeifer). Am weitesten verbreitet ist in Deutschland und in der Deutschschweiz die Form Ratte; in Ostbelgien und Luxemburg ist dies das einzige Wort (in Luxemburg in der Lautung ohne -e, also Rat, vgl. LOD, WLM). Im fränkischen und bairischen Sprachraum (also in Bayern, Österreich und Südtirol), zum Teil auch noch im alemannischen Sprachraum (in Bayerisch-Schwaben, in Vorarlberg, im Osten der Schweiz) ist der Ratz (maskulinum) die eindeutig dominante Bezeichnung. In Südtirol und in einigen Orten Österreichs ist auch die Ratze (femininum) üblich. (Ratz kann allerdings auch den Iltis oder andere Nager bezeichnen.) Ratz und Ratze gelten aufgrund der enthaltenen Affrikate -tz- (statt -tt- in Ratte) als „hochdeutsche Form des Worts Ratte“ (Kluge, 669). Die lautliche Verteilung ist im Grunde durchaus typisch für den Gegensatz zwischen niederdeutschen vs. hochdeutschen Formen, da im hochdeutschen Gebiet in der ,zweiten Lautverschiebung‘ (bzw. eben ,hochdeutschen Lautverschiebung‘) Plosive, also Verschlusslaute wie [t] und [p], in der Verdopplung und am Wortanfang zu Affrikaten, also Verschlusslauten mit anschließendem Reibelaut wie [ts] oder [pf], geworden sind. Allerdings ist das Gebiet von Ratze viel kleiner als das Gebiet dieser Lautverschiebung (die auch im ganzen Südwesten stattgefunden hat). Möglich wäre vielleicht eine Verdrängung der südlichen Form durch die nördliche wie bei Schlappen/Schlapfen). Aber es kann gar nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, ob sich dieses Wort – von dem man, wie gesagt, nicht genau weiß, woher es stammt, von dem man aber sehr wohl weiß, dass es in germanischen, romanischen und keltischen Sprachen existiert – vor oder nach der ,zweiten‘ bzw. ,hochdeutschen Lautverschiebung‘ im Deutschen ausgebreitet hat (vgl. Pfeifer, 1088). So ist auch denkbar, dass die Formen Ratz und Ratze mundartliche Weiterentwicklungen einer gemeindeutschen Form Ratte sind.