Komma/Beistrich
Komma / Beistrich (Frage 1k)
Die Entwicklung der Schriftlichkeit im Deutschen war jahrhundertelang eng an das Lateinische gebunden. So war auch die Bezeichnung des Satzzeichens „ , “ zuerst eine Entlehnung: Komma ist über das Lateinische aus dem Griechischen übernommen worden. Griech. kómma ‘Einschnitt, Abschnitt (einer Periode), Teil eines Verses’ gehört zu dem griech. Verb kóptein ‘stoßen, schlagen, hauen, hämmern’ und bezeichnete dementsprechend zunächst ‘Ein-, Abgeschnittenes, das Gehauene, Geschlagene’ (Pfeifer). Im Deutschen erscheint das Wort ab der 2. Hälfte des 15. Jhs. in der heutigen Bedeutung als Bezeichnung des Satzzeichens, aber auch in der älteren Bedeutung ‘Abschnitt eines Textes’ (vgl. a. it. comma ‘Absatz (= Abschnitt eines Paragraphen eines Rechtstextes) ’).
Schon der erste große deutsche Grammatiker, Justus Georg Schottel bzw. Schottelius (17. Jh.), mit dessen Bemühen um die Aufwertung der deutschen Sprache auch die Verwendung deutscher Ersatzwörter für lateinische Fachtermini einherging, verwendet Beistrichlein für Komma, andere Grammatiker seiner Zeit Strichlein (s. DWB Bd. 19 Sp. 1554). Um 1800 konkurrierten aber immer noch verschiedene deutsche Äquivalente, wie der Eintrag in Joachim Heinrich Campes Verdeutschungswörterbuch zeigt: „Strich, Zwischenstrich, Beistrich. Einige haben Strichelchen dafür einführen wollen, welches aber der doppelten Verkleinerungssilbe (chel und chen) wegen, angefochten werden kann“ (Campe 1813, S. 203).
Das DWB stellt fest, „dass beistrich bis zur gegenwart überall dort gebräuchlich bleibt, wo das fremdwort komma vermieden werden soll“ (DWB Bd. 19 Sp. 1554) – heute ist der Gebrauch aber offenbar nicht mehr eine Frage der Einstellung gegenüber Fremdwörtern, sondern klar national verteilt: In Österreich und Südtirol heißt es Beistrich, im übrigen Sprachgebiet Komma. Darin, dass aus Variation zwischen Fremdwort und deutschem Ersatzwort eine geographische Variation geworden ist, ähnelt dieser Fall dem von Semikolon und Strichpunkt (https://www.atlas-alltagssprache.de/r8-f3l-2/), auch darin, dass die verdeutschte Variante im Süden üblich ist. Nur verläuft die Grenze bei Semikolon und Strichpunkt viel weiter im Norden als hier, nämlich – wieder einmal – in der Mitte von Deutschland auf der Höhe der „Mainlinie“; in Süddeutschland heißt es zwar (entlehnt) Komma, aber (verdeutscht) Strichpunkt.
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- 12.12.2023