hinliegen/hinstehen

Die Verben stehen, sitzen und liegen werden im größten Teil des deutschen Sprachgebiets normalerweise für eine Ruheposition verwendet (daher auch die Bezeichnung ,Positionsverben‘): Jemand oder etwas steht, sitzt oder liegt – mehr oder weniger unbeweglich – an einem bestimmten Ort. Wenn es um einen Vorgang mit Ortsveränderung geht, das heißt, wenn ausgedrückt werden soll, dass jemand oder etwas in die betreffende Position versetzt wird, verwendet man dagegen andere Verben: stellen, setzen und legen (,Richtungsverben‘ – bzw. ,Veranlassungsverben‘, weil sie eben ausdrücken, dass jemand/etwas zum Stehen, Sitzen oder Liegen gebracht wird). Im Vergleich zu den entsprechenden „starken“ Positionsverben stehen, sitzen und liegen (mit Bildung der Vergangenheitsform durch Vokalwechsel) sind diese Veranlassungsverben jüngere Ableitungen (mit „schwacher“ Bildung der Vergangenheitsform mit Hilfe des Suffixes -te), die allerdings auch schon in germanischer Zeit entstanden sind. Setzen und legen ('sitzen machen', 'liegen machen') sind direkt von sitzen und liegen abgeleitet, nach einem häufig vorkommenden Muster zur Bildung von Veranlassungsverben (andere Beispiele für dieses Muster wären etwa tränken zu trinken oder führen zu fahren). Stellen geht demgegenüber nicht direkt auf stehen zurück, sondern auf das Substantiv Stall in dessen älterer weiterer Bedeutung 'Standort, Stelle', die – auf dem Umweg über das Lateinische – heute noch in dem Verb installieren vorkommt (Duden-Etymologie). Eine ursprüngliche Verwandtschaft von stellen mit stehen wird aber angenommen (ebd.), und der heutige Gebrauch entspricht dem eines Veranlassungsverbs zu stehen.

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sich hinlegen/hinliegen (Frage 7d)

Ein spezifischer, wenngleich frequenter Fall ist nun der, dass eine Ortsveränderung geschieht, aber das Subjekt nicht jemanden oder etwas in die betreffende Position bringt, „liegen bzw. stehen macht“, sondern sich selbst dahin bewegt. In den meisten deutschsprachigen Regionen wird dies durch eine Reflexivkonstruktion mit den Veranlassungsverben ausgedrückt: sich auf den Boden legen analog zu jemanden/etwas auf den Boden legen. So würde überall außer ganz im Südwesten des Sprachgebiets unser Beispielsatz „Ich bin so müde, ich muss...“ mit mich kurz hinlegen weitergeführt (s. die Karte zu Frage 7d). In der Schweiz überwiegt dagegen deutlich „Ich bin so müde, ich muss...“ kurz hinliegen, und auch in der Südhälfte von Baden-Württemberg und in Bayerisch-Schwaben erscheint diese Variante, wenn auch meistens nur an zweiter Stelle: Hier kann also liegen auch verwendet werden, wenn es darum geht, dass die Liegeposition erst eingenommen wird (verdeutlicht durch die Partikel hin-).

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sich hinstellen/hinstehen (Frage 7e)

Noch expliziter ist die Ortsveränderung im Beispielsatz für die zweite Karte ausgedrückt (zur Frage 7e): „Stell dich... / Steh mal... da hin, dann siehst du es auch.“ Hier wurde wieder von der Mehrheit der Teilnehmenden in der Schweiz Steh mal da hin vorgezogen, aber darüber hinaus auch aus einem großen Teil der Orte in Baden-Württemberg bis hinauf in den Stuttgarter Raum diese Variante als üblichste angegeben, und angrenzend auch wieder in einigen Orten aus Bayerisch-Schwaben. Im übrigen Gebiet wird die reflexive Konstruktion gewählt: Stell dich mal da hin. Interessant ist, dass auch im alemannischen Vorarlberg ausschließlich diese Konstruktion erscheint – im Gegensatz zur angrenzenden Schweiz.