Schluckauf (ggü dem Arzt)

10_03d

Ständiger Schluckauf (Frage 3d)

Bei der Frage nach den „plötzlich auftretenden ruckartigen Einatmungsbewegungen, wie sie bei Kindern häufig auftauchen“, wurde auf dem Fragebogen unterschieden: Zum einen war gefragt nach dem Ausdruck, den man gegenüber Kindern verwendet (s. 3.c). Zum anderen war nach dem Ausdruck gefragt, den man gegenüber einem Arzt oder einer Ärztin gebraucht, welche/n man aufsucht, wenn das Symptom „so schlimm ist, dass es ständig auftritt“ (so unsere Frageformulierung), und man sich deswegen in ärztliche Behandlung begibt. Die Annahme war, dass man vielerorts gegenüber dem Arzt oder der Ärztin ein anderes Wort verwenden würde als dasjenige, das man gegenüber Kindern gebraucht.

Diese Annahme bestätigt sich für viele Regionen des deutschen Sprachgebiets. Während man in der Schweiz, in Luxemburg, im Elsaß und in Lothringen dieselben Wörter gebraucht wie gegenüber einem Kind (Gluggsi, Hitzgi, Higgi, Hick, Gluckser), ist das für die anderen Gebiete z. T. deutlich anders:

In fast ganz Deutschland, Ostbelgien und Südtirol verwendet man dem Arzt gegenüber offenbar fast nur Schluckauf (kaum Hickser, Schnackler u. a.). Aber auch in Liechtenstein, in Südtirol und in Österreich wechseln die meisten – von Schnackler, Schluckiza oder Schnackerl – auf den Ausdruck Schluckauf. Vor allem in Kärnten und vereinzelt in Salzburg und Oberösterreich spricht man jedoch selbst gegenüber dem Arzt vom Schnackerl. An anderen Orten, insbesondere in der Steiermark ist das Wort Schnackerlstoßen üblich. Dieses Wort ist auf der Karte des Wortatlas der deutschen Umgangssprachen aus den 1970er Jahren (WDU I–5), auf der nicht nach dem Adressat differenziert wurde, für Österreich (ohne Vorarlberg und Tirol) neben Schnackler und Schnackerl noch häufiger verzeichnet.

Man kann verallgemeinernd also annehmen, dass in jenen Gebieten, in denen zum Kind wie zum Arzt eher im Dialekt geredet wird, auch kein Unterschied in den Bezeichnungen für ‘plötzlich auftretende ruckartige Einatmungsbewegungen’ gemacht wird. In allen anderen Gebieten hingegen, wo man mit dem Kind in einer anderen Varietät spricht als mit dem Arzt (z. B. Dialekt vs. Hochdeutsch), scheinen Schluckauf und Schnackerlstoßen die formelleren Wörter zu sein, die man auch im Hochdeutschen benutzen würde. Allerdings wird der Ausdruck Schnackerlstoßen in Österreich immer mehr vom Wort Schluckauf verdrängt; auf der WDU-Karte war Schluckauf überhaupt nur drei Mal für ganz Österreich verzeichnet. Schnackerlstoßen scheint insgesamt ungebräuchlicher zu werden. Der Befund zum Rückgang dieses Worts, der sich aus dem Vergleich der WDU-Karte mit unserer Karte ergibt, deckt sich mit der Beobachtung einer Informantin aus Wien, die zu Frage 3.d), wo sie Schnackerl angekreuzt hatte, anmerkte: „früher (vor 30-50 Jahren) eher ,Schnackerlstoßen‘“.