Stuhl, Sessel

Für Sitzmöbel, auf denen nur eine Person Platz nehmen kann, gibt es verschiedene Bezeichnungen im deutschen Sprachraum. Am auffälligsten ist die unterschiedliche Verbreitung von Stuhl und Sessel.

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Stuhl (Frage 2a)

Für das Sitzmöbel mit einer Rückenlehne, aber ohne Armlehnen ist die Bezeichnung Stuhl die am meisten verbreitete. Sie wird im größten Teil des deutschen Sprachgebiets verwendet, in Österreich allerdings nur in Vorarlberg, in fast ganz Tirol sowie teilweise in Kärnten. In den anderen Gebieten Österreichs sagt man zu solch einem Möbel Sessel. In einem kleinen Übergangsgebiet zwischen dem Westen und dem Osten Österreichs, im Osten Tirols und in Kärnten, werden beide Wörter gebraucht. Sessel ist also kein ,Austriazismus‘ in dem Sinne, dass er in ganz Österreich verwendet würde. ─ Sowohl Stuhl als auch Sessel gehen wohl auf Wörter zurück, die es schon im Indoeuropäischen gab und zu den Vorläufern der Verben stehen und sitzen gebildet wurden; ähnliche Wortformen gibt es daher bis heute in vielen indoeuropäischen Sprachen (vgl. nur engl. stool ‘Hocker, Schemel’, russ. stol ‘Tisch, Zarenthron [u.a.]’; settle ‘Bank’, s. Pfeifer).

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Sessel (Frage 2b)

Für ein bequemes Sitzmöbel mit einer Rückenlehne und Armlehnen wurden fast überall andere Bezeichnungen genannt. Auf der gezeigten Abbildung war ein solches Möbel zu sehen, dessen Armlehnen und Rückenlehne gleich hoch waren und das bequem gepolstert war. In fast allen Gebieten, in denen man zum Möbel ohne Armlehnen Stuhl sagt, heißt das Möbel mit Armlehnen Sessel; da, wo das Möbel ohne Armlehnen Sessel heißt – also vor allem in den östlichen Bundesländern Österreichs –, wird das Möbel mit Armlehnen meist Fauteuil genannt. Fauteuil ist darüber hinaus in Luxemburg, in Teilen Lothringens sowie – neben Sessel – auch in der Schweiz gebräuchlich. Fauteuil ist wahrscheinlich im 18. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt worden, auch da bezeichnet es einen ‘bequemen Polstersessel’. Fauteuil ist wiederum ein Lehnwort: Die älteren Formen faldestueil und faldestoel verweisen auf einen (alt)niederfränkischen Ursprung – es liegt wohl eine Zusammensetzung zugrunde, die dem deutschen Faltstuhl entspricht (Kluge).

Auffällig sind zwei Gebiete in Österreich, in denen offenbar für beide Sitzmöbel dieselbe Bezeichnung üblich ist: In Teilen Vorarlbergs heißt es in beiden Fällen Stuhl, in Oberösterreich, Salzburg und Kärnten sagt man vielerorts für das eine wie das andere Möbel Sessel.