Trecker/Traktor/Bulldog


Trecker/Traktor/Bulldog (Frage 6h)

12_6h_Traktor
Foto: privat

Für das abgebildete Fahrzeug, das vor etwa hundert Jahren in der Landwirtschaft eingeführt wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/Traktor) und heute unentbehrlich ist, gibt es im deutschen Sprachraum alltagssprachlich vier Bezeichnungen, von denen nur drei großräumig in Gebrauch sind: Traktor, Trecker und Bulldog.

Am weitesten verbreitet ist Traktor. Die Bezeichnung ist in der Mitte und im Südwesten Deutschlands, in Luxemburg, in Elsass und Lothringen, in Österreich, Liechtenstein, Südtirol und in der Deutschschweiz üblich. Meist wird das Wort auf der ersten Silbe betont (Tráktor), in der Deutschschweiz aber vielerorts auf der zweiten Silbe (Traktór). (In der Mehrzahl wird es immer auf der zweiten Silbe betont.) Es handelt sich um ein Lehnwort aus dem Lateinischen – genauer: aus dem Partizip des Verbs trahere (tractum) ‘ziehen, schleppen’ (Pfeifer).

Aus dem Stamm schlepp- und der Endung -er ist das Wort Schlepper entstanden, das nur einmal (in Hessen) als ortsüblicher Bezeichnung genannt wurde, ansonsten aber eher fach- und amtssprachlich verwendet wird.

Die Bedeutung ‘ziehen, schleppen’ findet sich auch im Stamm des Worts Trecker wieder: Es leitet sich vom Verb trecken ‘ziehen, schleppen’ ab, das es im Mittelhochdeutschen, Mittelniederdeutschen und Mittelniederländischen gab und das heute noch im Niederdeutschen und Niederländischen (da geschrieben trekken) verwendet wird (Pfeifer). (Das Substantiv (der) Treck geht auf die intransitive Form des Verbs zurück, die dann ‘(umher-) ziehen, wandern, reisen’ bedeutet.) Es ist in ganz Norddeutschland und auch in Ostbelgien das übliche Wort für das Fahrzeug; am Mittelrhein und in Südhessen wird es oft als Zweitvariante genannt.

Besonders in Bayern, aber auch an vielen Orten in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz sagt man Bulldog. Hier handelt es sich um die Übernahme einer Gattungsbezeichnung aus einem Eigennamen: Die Mannheimer Firma Heinrich Lanz AG verkaufte von 1921 bis 1957 unter diesem Namen einen Ackerschlepper (s. https://de.wikipedia.org/wiki/Lanz_Bulldog), der besonders in Süddeutschland guten Absatz fand, sodass sich der Name schnell als Bezeichnung für die Sache durchsetzte – und auch noch weiter in Verwendung blieb, als Modelle dieser Marke nicht mehr hergestellt wurden (vgl. als weitere Beispiele für die Entstehung neuer Wörter aus Eigennamen Bostitch oder Einweckglas / Rexglas.

Die hochtechnisierten und noch leistungsfähigeren Zugmaschinen, die heute in der Landwirtschaft eingesetzt werden, haben äußerlich nur noch wenig Ähnlichkeit mit den ersten Generationen der Trecker / Traktoren / Bulldogs. Umso erstaunlicher ist, dass die Verbreitungsgebiete dieser drei Bezeichnungen in den letzten fünfzig Jahren im Großen und Ganzen gleichgeblieben sind. Im Vergleich mit einer WDU-Karte auf den 1970er Jahren (WDU Bd. 1, 12) sind kleinere Veränderungen festzustellen, die sich in drei Punkten zusammenfassen lassen: Erstens taucht die Bezeichnung Zugmaschine, die damals – auch nur an zweiter Stelle – aus wenigen Orten in Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg gemeldet wurde, heute nicht mehr auf; auch sind die Meldungen für Schlepper, die es seinerzeit noch an verschiedenen Orten in Deutschland sowie in Nord- und Südtirol gab, bis auf die besagte Meldung aus Hessen zurückgegangen. Zweitens hat sich in Vorarlberg und an vielen Orten in der Deutschschweiz die Variante mit Erstsilbenbetonung, Tráktor, gegenüber der Variante mit Zweitsilbenbetonung, Traktór, durchgesetzt. Drittens hat die Bezeichnung Traktor im Süden Baden-Württembergs stärker Fuß gefasst und dort Bulldog weitgehend verdrängt; in Bayern und im Nordwesten Deutschlands sind die Meldungen für Traktor dagegen zurückgegangen, sodass dort die Trecker- bzw. Bulldog-Gebiete heute gegenüber der WDU-Karte homogener erscheinen – nur im Nordosten Deutschlands finden sich heute mehr Zweitmeldungen für Traktor als auf der alten Karte.