fragt/frägt
fragt / frägt (Frage 6d)
Von einigen Verben des Deutschen, die im Infinitiv den umlautfähigen Vokal a haben, wissen wir, dass dieses a in der 2. und 3. Person Singular im Präsens regulär zu ä umgelautet wird. Regelhaft kommt das bei starken Verben (die auch zwischen Gegenwarts- und Vergangenheitsform den Vokal wechseln) vor, z.B. tragen – er trägt, schlafen – du schläfst (Ausnahme: schaffen, erschallen); unter den schwachen Verben verhält sich standardsprachlich nur fahren so (sie fährt) (s. Duden-Grammatik 2016: Rd.nr. 638). Bei dem Verb backen, das starke und schwache Formen hat, gibt es – regional verschieden – sowohl umlautlose wie auch umlauthaltige Varianten, z.B. du backst – du bäckst (s. Variantengrammatik: http://mediawiki.ids-mannheim.de/VarGra/index.php/Backen#backen_im_Pr.C3.A4sens). (Bei du benutzt / benützt besteht die Variation schon im Infinitiv, s. AdA-Karte https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-3/f03b/.)
Auch das schwache Verb fragen variiert regional zwischen Präsensformen mit und ohne Umlaut. Für unseren vorgegebenen Beispielsatz Die Kleine fragt schon den ganzen Tag, ob sie zu ihrer Freundin darf. ist die am weitesten, fast im gesamten deutschsprachigen Gebiet verbreitete Variante umlautlos: die Kleine fragt. In Baden-Württemberg und den angrenzenden Regionen, vor allem in Franken, Bayerisch-Schwaben, sowie vereinzelt aus der Deutschschweiz (Kantone Zürich und Wallis) wurde – entweder als häufigste oder zweithäufigste Variante – die Form mit Umlaut als ortsüblich gemeldet: die Kleine frägt. Nahe liegt hier die Annahme einer Analogie zu den Formen mit Umlaut bei häufig verwendeten starken Verben wie tragen (du trägst) und schlagen (du schlägst), die wohl (wie beim niederländischen vragen – hij vroeg) auch für die unregelmäßige Form von fragen im Präteritum verantwortlich ist (er trug → er frug, vgl. die AdA-Karte fragen (Prät.) https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-7/f10f-g/).
Das ,Kerngebiet‘ der umlauthaltigen Form frägt entspricht ungefähr dem Verbreitungsgebiet von benützen (https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-3/f03b/), was für eine gewisse ,Umlautfreundlichkeit‘ dieser Region spricht. Diese könnte auch die dialektal bairischen Gebieten umfassen, denn die Schreibweise fragt kann auch für die Ausspracheform mit ,hellem a‘ stehen, die im Bairischen als die umgelautete Form gilt – die nicht umgelautete Variante wäre die mit einem ,dumpfen a‘ (vgl. Scheutz 2009: 26).
Die Frage hatten wir übrigens in der Runde 7 (2009/10) schon einmal gestellt. Dort hatten wir ein ähnliches Verbreitungsgebiet von (du) frägst gesehen, wenn auch – darüber hinaus – mit einigen Meldungen aus dem Mosel-Saar-Gebiet sowie Luxemburg; was gegenüber der Karte aus Runde 7 auffällt, ist, dass es dort sehr viel weniger Meldungen für (du) frägst gab (vgl. https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-7/f10f-g/). Über die Gründe für den Unterschied lässt sich wohl nur spekulieren: Es könnte mit dem Beispielsatz zu tun haben oder mit der Tatsache, dass der Umlaut in der 3. Person Singular häufiger verwendet wird als in der 2. Person Singular; dass innerhalb von eineinhalb Jahrzehnten die Umlaut in der Konjugation von fragen deutlich zugenommen hat, ist dagegen nicht sehr wahrscheinlich.
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- 15.08.2024