Christkind

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Christkind (Frage 1b)

Für die Bezeichnung der Person, die den Kindern zu Weihnachten die Geschenke bringt, ist eine markante Zweiteilung des deutschsprachigen Raums erkennbar. Während im Norden und Osten Deutschlands an Heiligabend der Weihnachtsmann erscheint, übernimmt im Süden und Westen Deutschlands (inklusive des traditionell katholischen Gebiets im westlichen Niedersachsen) sowie in Österreich und der Schweiz das Christkind diese Aufgabe (im Süden Deutschlands und in Österreich häufig in der Diminutivform Christkindle/-chen und in der Schweiz Christkindli).

Bis ins 19. Jahrhundert spielte ein anderer Überbringer der weihnachtlichen Geschenke für die Kinder eine Hauptrolle, nämlich St. Nikolaus, an dessen Namenstag heute nur noch vergleichsweise kleinere Geschenke verteilt werden. Es trifft zwar nicht zu, dass – wie bisweilen behauptet – erst Martin Luther die Idee der Bescherung durch das Christkind "erfunden" hat, um den Nikolaus-Brauch zu ersetzen, der ja mit der von der Reformation abgelehnten Heiligenverehrung zusammenhängt: Schon zu Luthers Zeit kannte man St. Nikolaus und das Christkind als traditionelle Gabenbringer, die oft zusammen auftraten. In der Folge der Reformation wurde jedoch der Brauch des Beschenkens durch den Heiligen von protestantischer Seite abgelehnt und teilweise massiv bekämpft (s. Mezger 1993:140). Das Christkind setzte sich zunehmend als Geschenkebringer durch, wie die Karte zeigt, letztendlich auch in katholischen Regionen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich dann die säkularisierte Figur des Weihnachtsmanns (s. Mezger 1993:219ff.), die in der Erscheinung teilweise an die Nikolaus-Figur anknüpft, teilweise (mit Sack und Rute) aber auch an die von dessen Begleiter Knecht Ruprecht. Anders als der (heilige) Nikolaus und das Christkind hat die Figur des Weihnachtsmanns keinen religiösen Hintergrund mehr; sie hat sich – wie die Karte zeigt – vor allem im protestantischen Norden und Osten etabliert.

Vergleicht man das Kartenbild mit dem des WDU (I-46), kann eine weitgehende Übereinstimmung festgestellt werden. Eine Fortsetzung der Tendenz zur Verdrängung des Christkinds durch den Weihnachtsmann kann allenfalls für das rheinische, nicht aber für das gesamte deutsche Sprachgebiet bestätigt werden.