schubsen

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schubsen (Frage 4j)

Einer anderen Person einen kleinen Stoß von hinten zu geben, sodass sie sich unfreiwillig nach vorn bewegt, kann einen Zweck haben – oder jemanden einfach amüsieren, darum ist der Beispielsatz Hör auf, mi(ch) z(u) ... relativ geläufig.

In ganz Deutschland, Ostbelgien, Luxemburg und im Norden und Osten von Österreich (Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Burgenland) wird dieser Vorgang schubsen genannt. Im südlichen und westlichen Österreich (Steiermark, Kärnten, Tirol, Vorarlberg), in Südtirol und in der Nordhälfte der Schweiz sagt man dagegen schupfen; aus Sachsen-Anhalt wurde auch die mitteldeutsch-niederdeutsche Entsprechung dazu, schuppen, gemeldet.

Alle diese Wörter hängen mit schieben zusammen, genauer: schuppen/schupfen (vgl. a. nl. Schoppen ‘treten’, mit jüngerer Bedeutungsverengung auf die Bewegung mit dem Fuß, s. EWN). Das ist eine Intensivbildung zu schieben, und schubsen geht dann weiter auf eine Suffigierung von schuppen/schupfen mit -s(en) zurück, ähnlich wie bei hopsen zu hoppen/hüpfen (vgl. DWB Bd. 15, Sp. 2029, Bd. 10, und Pfeifer zu hopsen).

Neben schubsen findet sich auch die Schreibung schup(p)sen. All dies wird jedoch gleich ausgesprochen, der Unterschied ist rein graphisch: Im einen Fall ist die Beziehung zu schieben/Schub deutlicher, im anderen die zu schuppen/schupfen. So stuft das DWB (s. ebd. Bd. 15, Sp. 1822) diese Formen auch als Schreibvarianten ein; weniger klar ist, warum es bei Duden-Rechtschreibung (2020) zwei getrennte Einträge gibt und unterschiedliche Angaben zum Gebrauch: Beide Varianten werden als umgangssprachlich eingestuft, aber nur schupsen als „landschaftlich, besonders süddeutsch“.

Nach dem DWB (Bd. 15, Sp. 2007) ist in der älteren Literatur zunächst nur die Variante schupfen zu finden, „in der neuern zeit überwiegt schuppen, doch ist das wort überhaupt seltener geworden“, schon in der Gegenwart des 19. Jhs. war schupfen nach dem DWB vor allem noch in den oberdeutschen Mundarten erhalten und schuppen im Ostmitteldeutschen, während sich im niederdeutschen Raum die Weiterbildung schup(p)sen durchgesetzt hatte (ebd.). Interessant ist der Hinweis auf eine (bis heute anhaltende) Stigmatisierung: „in der litteratur findet sich schupsen nur sehr selten und erst im 19. jahrh.; dagegen ist es in der umgangssprache sehr gebräuchlich. die ältern wörterbücher übergehen es durchweg mit stillschweigen“ (DWB Bd. 15, Sp. 2029 f.).

Ein ähnliches, aber nicht hiermit verwandtes Wort ist schucken, das verstreut an einigen Orten in Baden-Württemberg, in der Schweiz und in Lothringen angegeben wurde. Schucken/schocken ‘stoßen, schütteln’ ist schon im Mittelhochdeutschen belegt (vgl. a. nl.  schokken), im Gemeindeutschen existiert noch schuckeln ‘schaukeln, rütteln’. Das Wort ist auch ins Französische entlehnt worden (choquer) und von da in der Form schockieren ins Deutsche zurückgekommen, außerdem gelangte es über das Französische ins Englische, woher dann wiederum das dazugehörige Substantiv Schock (engl. shock) ins Deutsche entlehnt wurde.

Im Süden der Schweiz wurde auch stossen (stoßen) angegeben sowie vereinzelt puffen und stupfen (vgl. dazu auch die Karten 1m und 4k (https://www.atlas-alltagssprache.de/r13-f1m-f4k/).