unentgeltlich

AdA_Runde8_F4n_water

unentgeltlich (Frage 4n)

Wenn jemand kein Geld für eine kleine Arbeit nimmt, sagt man im ganzen Sprachraum Der tut das für umsonst. Umsonst geht auf mhd. umbe sus ‘um/für [ein] So’ zurück, nach Duden-Etymologie und Kluge kann man sich dabei eine wegwerfende Handbewegung vorstellen, die den Sinn ‘für nichts’ deutlich macht; daraus entstanden die beiden heutigen Bedeutungen ‘kostenlos’ und ‘ohne (Aussicht auf) Erfolg’. Die alltagssprachliche Kombination mit der Präposition für ergibt sich aus Analogie zu dem für in Preisangaben wie für 20 Euro – einige Informanten vor allem aus Österreich meldeten jedoch, bei ihnen heiße es lediglich umsonst (ohne für). Das erscheint plausibel vor dem Hintergrund, dass es dort auch nicht verkaufen für 20 Euro heißt, sondern … um 20 Euro (WDU II-117), und um umsonst eine (unschön klingende?) Dopplung zur Folge haben würde. Von für umsonst stammt auch für umme her (vgl. die dialektale Form ummesunscht von umsonst, PfWb), eine spezifische Abkürzung, die im Raum Pfalz/Kurpfalz und Südhessen durchgehend angegeben wurde. Auch aus Baden wurde für umme noch gemeldet, aber nur als Zweitvariante, nicht als (sogar ausnahmslose) Hauptvariante wie in der Pfalz.
In der deutschen Nordhälfte ist neben für umsonst der Ausdruck für lau verbreitet, anscheinend besonders im moselfränkischen Gebiet, in Nordrhein-Westfalen sowie um die Großstädte herum. Dies kommt nicht von lau ‘halbwarm’, sondern von jiddisch lo, lau ‘nichts, nicht, nein’ aus hebräisch ‘nein, nicht(s), ohne’, s. Wolf, Althaus 18. So verzeichnet das PfWb neben der Wendung for lo ‘für nichts, umsonst’ auch das Adjektiv lo ‘gering, minderwertig, wertlos’ in anderen Wendungen aus dem Jiddischen wie lo Boser (Metzgerspr. ‘schlechtes Fleisch’) oder for (e) lo Bachinem (Händlerspr. ‘für ein Spottgeld, fast umsonst’) und sogar das Kompositum Lobier ‘Freibier’, im RhWb findet sich der Imperativ ‘saufe umsonst’ (Kreuznach). Für die Pfalz ist wohl anzunehmen, dass – anders als an der Mosel – älteres für lau/lo hier von für umme verdrängt worden ist, das offenbar eine besondere regionale Popularität erreicht hat (vgl. auch den Eintrag unter Duden-Online, der sich wohl mit dem Sitz des Dudenverlags in Mannheim erklärt). Abgesehen von geringfügigen Ausläufern nach Norden ist das Areal von für umme identisch mit dem Gebiet, in dem man sich sprachlich mit der Pfalz/Kurpfalz identifiziert, vgl. AdA, Runde 6, Frage 2). Aus der Schweiz und in Südtirol und Österreich wurde auch das standardsprachliche gratis gemeldet (aus lat. grātiīs ‘umsonst (für den bloßen Dank)’, Ablativ Pl. zu grātia ‘Gefallen, Dank’ – vgl. ital. grazie). Eine familiärere Variante scheint an diesen Orten nicht üblich zu sein.

Für Deutschland hat E. Piirainen 2001/02 schon einmal mittels Fragebögen die regionale Verteilung dieser Varianten erhoben. Auf einer Karte „etwas für lau tun/haben wollen“, die auf rund 3.000 ausgewerteten Fragebögen beruht (Piirainen 2006, 217), hat sie die Verbreitung der phraseologischen Varianten aufgezeichnet (also ohne umsonst (ohne für)). Der Vergleich mit der AdA-Karte zeigt deutliche Unterschiede: 1) Die Wendung für umme ist dort bis weit ins Schwäbische verbreitet, dafür nicht in Baden. 2) Die Variante für lau wird dort nur für den Westen bis hinauf in die Gegend um Hannover angezeigt, auf der AdA-Karte im Grunde für ganz Norddeutschland oberhalb der Main-Linie. 3) Am auffallendsten ist auf der AdA-Karte aber das völlige Fehlen der Variante für nasse, die bei Piirainen noch für Thüringen, Sachsen und Berlin angezeigt wird (obwohl sie auf dem AdA-Fragebogen an erster Stelle zur Auswahl stand). Sie wurde auch in unserer Fragerunde durchaus aus diesen Gebieten gemeldet, allerdings nie als häufigste oder zweithäufigste Nennung an einem Ort.