rennen/laufen (schnell)

11_2d_rennen_laufen

rennen/laufen (schnell) (Fragen 2d)

Während sich Karte 2c laufen/gehen (https://www.atlas-alltagssprache.de/r11-f2c/) auf die Ausdrücke für ‚zu Fuß gehen‘ allgemein bezieht (im Gegensatz zu ‚fahren‘), geht es in dieser Karte zwar auch um die Fortbewegung zu Fuß, dabei ist aber vor allem das erhöhte Tempo wichtig – der Beispielsatz war: Wir müssen _________, wenn wir den Bus noch erwischen/derwischen/erreichen wollen. In Teilen Norddeutschlands scheint man den Unterschied zwischen dem normalen und dem schnellen Fortbewegen zu Fuß vorwiegend aus dem Kontext zu erschließen: Im östlichen Niedersachsen, in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern wurde auch für diesen Satz überwiegend oder zumindest häufig laufen angegeben. Auch im Rheinland gibt es bei dieser Frage ebenfalls zahlreiche laufen-Meldungen. In Luxemburg und an einigen östlich anschließenden Orten macht man dagegen einen Unterschied zwischen gehen ('zu Fuß fortbewegen (in normalem Tempo)', Karte 2c) und laufen ('schnell fortbewegen (zu Fuß)', Karte 2d), und vor allem in Altbayern und der Südhälfte von Österreich (ohne Vorarlberg) wird in dieser Weise differenziert. In der Nordhälfte von Österreich (und verstreut in einigen anderen österreichischen Gegenden), in Südtirol und in den übrigen Teilen von Deutschland (außer Schwaben), wie auch gebietsweise in der Schweiz, im Elsass und in Vorarlberg unterscheidet man dagegen anders: Hier wird für die schnelle Fortbewegung zu Fuß rennen verwendet, gegenüber laufen (zu Fuß, normal) bzw. in Teilen von Österreich und in Südtirol gehen. Rennen gehört zu rinnen 'fließen': Es bedeutete ursprünglich '[etwas] zum Fließen bringen', wie setzen oder tränken im Vergleich zu sitzen oder trinken. Die Weiterentwicklung zu '[selbst] schnell laufen' (ohne Akkusativobjekt) vollzog sich in mittelhochdeutscher Zeit (Pfeifer). Für den zweiten Beispielsatz (Karte 2d) wurde dieses Verb am häufigsten genannt; auch in den Gebieten, wo hier vielfach laufen gemeldet wurde (also in den beiden Kontexten nicht grundsätzlich verschiedene Wörter verwendet werden), steht fast überall rennen daneben, man kann die Fortbewegung in hohem Tempo also eindeutig bezeichnen, wenn es wichtig ist. Im Südwesten hat sich dagegen ein anderes Verb für die schnelle Fortbewegung durchgesetzt, das andernorts wieder in anderer Bedeutung verwendet wird: Im östlichen Schwaben (inklusive Bayerisch Schwaben), im größten Teil der Schweiz und teilweise auch in Vorarlberg sagt man im zweiten Satz springen – diese Bedeutungsentwicklung des germanischen Verbs, das ursprünglich (wie im Standarddeutschen heute noch) eher eine hüpfende Bewegung bezeichnet, oft speziell vor Schreck oder Freude (s. Pfeifer, DWB Bd. 17, Sp. 84), hat in vielen Dialekten stattgefunden (DWB Bd. 17, Sp. 89; DWbBS, S. 569), und z.B. auch im Schwedischen und Norwegischen.