Sicherer Ort beim Fangenspielen (Aus/Klipp(o)/Haus/Frei(o)/Hoch/Leo/...)

f2_11

Sicherer Ort beim Fangenspielen (Aus/Klipp(o)/Haus/Frei(o)/Hoch/Leo/...) (Frage 11)

Für den „Ort beim Fangenspiel (Greifen, Haschen, Nachlaufen, Fangkus etc.) der Kinder, an dem man ‚sicher‘ ist“, wird fast im gesamten Sprachgebiet Aus gesagt. Es gibt allerdings einige ausgeprägte regionale Sonderformen verschiedenen Ursprungs. Der Ausdruck Frei, der in verschiedenen Regionen verstreut erscheint, sowie das nur im Rheinland übliche Freio deuten wie Aus oder auch Insel auf den besonders geschützten Raum. (Freio ist übrigens auch der Titel eines Lieds der kölschen Band BAP, siehe https://www.bap.de/songtext/freio/!) Für diesen geschützten Raum werden oft auch Bezeichnungen verwendet, die auf eine Behältermetapher zurückgehen, wie etwa das Haus, das aus den östlichen Bundesländern Deutschlands, Rheinland-Pfalz, dem Saarland sowie aus einzelnen Orten in den übrigen Sprachgebieten gemeldet wurde, das in einigen Orten des Taunus gebräuchliche Hol(a) (wohl ‘Höhle‘) oder die Bezeichnungen Bütt, Butte, Botte, Bodde, Bot (zu mlat. butina ‘Bottich’, Pfeifer), die vor allem in Württemberg vorkommen, und schließlich auch der niederrheinische Pott (‘Topf’), der auf ein vorkeltisches Wort zurückgeführt wird (Pfeifer). Man kann sich das so vorstellen, dass das Kind in einem virtuellen Behälter steht, wo es sicher ist und nicht mehr ,abgeklatscht‘ werden darf. Andere Wörter sind wohl lautmalerisch nach dem Geräusch beim Abklatschen gebildet, wie etwa das in Sachsen und im Süden Brandenburgs (besonders Niederlausitz) verwendete Zick (DWB) oder die in Schleswig-Holstein und Teilen Niedersachsen üblichen Klipp und Klippo (NdsWb); vielleicht kann man zu den lautmalerischen Ausdrücken auch das am Niederrhein und im nördlichen Münsterland zu hörende Wupp zählen. Mit dem (ost-)österreichischen Leo hat es schließlich eine besondere Bewandtnis. Im „Wörterbuch der Wiener Mundart“ (WbWienerMa) (2. Aufl. 2002) wird Leo als Kurzform von Leopold (Lepoid) erklärt: „Freiraum beim Fangenspiel, Asylplatz; dǫs is Lepóid hier ist geschützter Freiraum [...] Etym.: wohl zum Vorn. Leopold hinsichtl. des Asylrechtes Herzog Leopolds des Glorreichen (um 1180/82–1230)“. Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl von anderen Bezeichnungen, die wegen sehr kleinräumiger Verbreitung oder seltener Meldung nicht in der Karte dargestellt werden konnten, so etwa Gotto (Augsburger Gegend), Bahme/Bane (Oberpfalz), Ruhme (Baden), Inne (Osnabrück, Bad Bentheim), Deier/Dreier (Ruhrgebiet, Münsterland), Lu (Bremen, Oldenburg), Mi (Hamburg) / (Bremen), Otte (Bielefeld), Pulle (Braunschweiger Raum), Agull (Eupen) u. a.

 

Wegen des großen Interesses an diesem Thema und der vielen Einzelmeldungen, die wir im Nachhinein noch bekommen haben, werden wir die Frage Anfang 2012 noch einmal stellen.

(Dank v. a. an Christine Roling, Stephan Naue, Bastian Wormuth u. a. für ihre Hinweise!)