ich kriege/hätte gern(e)


ich kriege/hätte gern(e) (Frage 4j)

Anlass für die Fragestellung, auf der die vorliegende Karte beruht, ist eine Aussage im Variantenwörterbuch (VWB 2016, S. LXXVIII): „Wohl nur in Deutschland kann man bei einer Bestellung im Restaurant hören ,Ich krieg(e) x‘; in der Schweiz und in Österreich hört man eher ,Ich hätte gern x‘. Es dürfte unmittelbar einleuchten, dass die in Deutschland üblichen Formen auf SchweizerInnen oder ÖsterreicherInnen gelegentlich weniger höflich wirken.“ Nimmt man die verschiedenen Ausdrücke wörtlich, liegt das nahe: Eigentlich geht es hier um eine Aufforderung (‘Geben Sie mir...’); mit ich hätte gern wird jedoch nur ein Wunschzustand beschrieben (woraus der/die Angeredete folgern muss, was er/sie für dessen Erreichen tun kann), mit ich kriege/bekomme wird dagegen die erwünschte Handlung der/des Angeredeten schon als real vorweggenommen. Da es grundsätzlich als höflich empfunden wird, wenn man dem Gegenüber (vorgeblich) Handlungsfreiheit lässt, entspricht ich hätte gern also eher den allgemeinen Vorstellungen von Höflichkeit (typisch ist dabei auch der Konjunktiv II). Es geht hier jedoch um eine stark konventionalisierte Sprechhandlung im Alltag und mögliche nationale und regionale Unterschiede; das VWB gibt dabei allerdings zu bedenken, dass solche Unterschiede „nur bruchstückhaft bekannt sind und sich nicht auf Standardsprachlichkeit beziehen lassen“ (ebd.). Wir haben die Situation von einem Restaurant in eine Bäckerei verlegt und gefragt: „wenn man in einer Bäckerei zwei Brote kaufen will – was sagt man zum Verkäufer/zur Verkäuferin (wenn man weder ausgesprochen höflich noch unhöflich sein will)“. Zur Auswahl standen neben den zwei im VWB genannten Formulierungen I(ch) hätt(e) gern zwei Brote. und I(ch) krieg(e) zwei Brote. auch die Variante I(ch) bekomm(e) zwei Brote. Darüber hinaus gab es wieder die Möglichkeit, eine andere Formulierung anzugeben, die nicht zum Ankreuzen angegeben war (was aber kaum genutzt wurde und sich jedenfalls nicht im Kartenbild niederschlägt).

Die als höflich beschriebene Form I(ch) hätt(e) gern … wird im gesamten deutschsprachigen Raum verwendet. Die vermeintlich auf Schweizer*innen und Österreicher*innen „weniger höflich“ wirkende Formulierung I(ch) krieg(e) … ist dagegen nur in Süddeutschland und darüber hinaus durchaus auch in Österreich sowie in Südtirol gebräuchlich. Außer in Südtirol wird I(ch) krieg(e) … vielerorts sogar häufiger genannt als I(ch) hätt(e) gern …, besonders in Bayern, aber auch etwa im Saarland, in Württemberg und in Oberösterreich. Auffällig ist das völlig Fehlen von I(ch) krieg(e) … in der Schweiz. Die Formulierung Ich bekomm(e) … schließlich taucht nur an wenigen Orten im Rheinland und in Westfalen als Zweitvariante auf.