Guten Appetit (Restaurant/Kantine)

In vielen Kulturen sind Segenswünsche vor oder nach den Mahlzeiten üblich. Wir hatten nach solchen Segenswünschen in zwei verschiedenen Situationen gefragt: zum einen in einem Restaurant, wo man sich möglicherweise etwas vornehmer ausdrückt, und zum anderen in einer Kantine gegenüber KollegInnen.

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Guten Appetit (Restaurant) (Frage 6d)

„Wenn man in einem Restaurant den anderen Personen am Tisch wünscht, dass das Essen schmecken möge“, so die erste Frage (6d), zeichnen sich drei Areale mit verschiedenen Wunschformeln ab. Im Norden und in der Mitte Deutschlands sowie in Ostbelgien und Luxemburg sagt man Guten Appetit!, eine Kurzform von Ich wünsche einen guten Appetit! Das Wort Appetit wurde Anfang des 15. Jahrhunderts aus dem Französischen ins Deutsche entlehnt. Im Alt- und Mittelfranzösischen bedeutete apetit ‘heftiges Verlangen, Gelüste, Esslust’, dem ein lateinisches Verb appetere ‘Verlangen haben, begehren’ zugrunde liegt; der Bezug eines solchen Verlangens auf Speisen und Essen wurde erst im 17. Jahrhundert üblich (Pfeifer). Der Wunsch Einen Guten! (mit entsprechenden regionalen Aussprachevarianten wie Nen Guten! / En Guete! / An Guaten! u.a.) ist im Süden Deutschlands, im Elsass, in Lothringen, in der Deutschschweiz, in Liechtenstein und in Vorarlberg üblich. Einen Guten! ist wiederum eine Abkürzung von Einen guten Appetit! – man kennt es auch von anderen Wunschformeln aus Artikel, Adjektiv(en) und Substantiv, dass man sie auf das ,Nötigste‘ reduziert, z.B. bei Neujahrswünschen wie Frohes / Gutes / Gesundes neues [Jahr]!. Auffällig ist jedoch, dass die reduzierte und die längere Form nicht überall nebeneinander verwendet werden, sondern in klar geschiedenen Gebieten.

In Österreich (außer Vorarlberg) und Südtirol wünscht man sich Mahlzeit!, was eine Kurzform von (Ich wünsche eine) gesegnete Mahlzeit! oder Prosit die Mahlzeit! sein kann; das Wort Mahlzeit bezeichnete zunächst „zunächst die festgesetzte zeit eines gastmahls“, später dann die Mahlzeit selbst (DWB XII, 1459).

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Guten Appetit (Kantine) (Frage 6e)

Auf die Frage nach der üblichen Wunschformel, „wenn man in einer Kantine den KollegInnen am Tisch wünscht, dass das Essen schmecken möge“ (Frage 6e), ergeben sich einerseits Ähnlichkeiten, andererseits ein wesentlicher Unterschied zur Karte zu Frage 6d: Die Verbreitungsgebiete von Guten Appetit! und Einen Guten! bleiben dieselben, nur ist die Verbreitung von Mahlzeit! sehr viel größer: Man kann Mahlzeit! auch in Kantinen in fast ganz Deutschland sowie auch in Vorarlberg hören. Nur in der Schweiz, in Lothringen, im Elsass und im äußersten Südwesten Deutschlands sagt man auch zu KollegInnen am Kantinentisch Einen Guten!.

Anders gesagt: Einen Guten! verwendet man im Südwesten des deutschsprachigen Gebiets generell als Wunsch beim Essen. Ebenso ist Mahlzeit! in den meisten Regionen Österreichs (außer Vorarlberg) und Südtirol eine allgemein gebräuchliche, sozial und stilistisch völlig unmarkierte Wunschformel bei einem Essen, während man in fast ganz Deutschland häufig differenziert zwischen Guten Appetit! und Einen Guten!, was man z. B. im Restaurant verwendet, und Mahlzeit!, was man nur am Mittagstisch mit KollegInnen (in der Kantine o.ä.) gebraucht.