Brückentag


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Brückentag (Frage 5b)

Gefragt wurde, wie man zu einem Arbeitstag zwischen einem Feiertag und einem für die meisten ohnehin freien Tag (z.B. Samstag/Sonnabend, Sonntag) sagt, z.B. in einem Satz wie „Ich nehme / mache eine/n …“. Nach den Ergebnissen der Umfrage gibt es sechs Bezeichnungen für dieses Konzept, das sich in den letzten Jahrzehnten etabliert hat und Gegenstand von Diskussionen über Regelungen in der Arbeitswelt und im Schulwesen geworden ist. So stehen die frühen Belege aus den 1990er Jahren für Brückentag, Fenstertag und Zwickeltag im Deutschen Referenzkorpus fast durchgehend noch in Anführungszeichen, die rezenten Belege fast nie mehr. Mit dem jungen Alter des Konzepts und Diskussionen um die genannten Regelungen dürfte auch zu tun haben, dass die Verteilung so klar den nationalen Grenzen entspricht – außer in Österreich, wo es zwei Varianten gibt.

Die meisten der Ausdrücke beziehen sich auf das Bild des „Überbrückens“ des Arbeitstags, der zwischen zwei freien Tagen steht, ein Bild, das auch in den romanischen Sprachen geläufig ist. So verwendet man in allen Regionen Deutschlands den Ausdruck Brückentag. Im Elsass heißt es Pont und in Südtirol Ponte, dies sind direkte Übernahmen aus dem Französischen bzw. Italienischen, wo ebenfalls das jeweilige Wort für ‘Brücke’ auch in dieser bildlichen Verwendung üblich ist: faire le pont/fare il ponte heißt wörtlich „die Brücke machen“ – durch einen Urlaubstag. (Im Italienischen hat ponte sich darüber hinaus auch als Bezeichnung für das ganze sich ergebende lange Wochenende etabliert und wird sogar für lange Wochenenden ohne zu überbrückenden Arbeitstag verwendet.) In Ostbelgien, Luxemburg und der Schweiz, teilweise auch im Elsass, wird stattdessen das wörtliche Äquivalent zu frz. pont verwendet, also Brücke (statt Brückentag wie in Deutschland). Analog zu dem Ausdruck im Französischen sagt man hier, dass man „die Brücke macht“ statt einen Brückentag zu „nehmen“ oder „einzulegen“.

In Österreich werden dagegen andere bildliche Bezeichnungen verwendet: Im größten Teil des österreichischen Gebiets sagt man Fenstertag, in Oberösterreich und im Norden des Lands Salzburg ist dagegen der Ausdruck Zwickeltag üblich.

Zwickel ist eine Bezeichnung für Zwischenstücke verschiedener Art bzw. in verschiedenen Kontexten – am bekanntesten ist wahrscheinlich die Verwendung für einen keil- oder rautenförmigen Einsatz in Kleidungsstücken, als Zwickel werden aber auch eine „Fläche, die zwischen runden und rechteckigen (z. B. Umrahmungen) Formen vermittelt, z. B. zwischen Rundbögen und der Umrahmung“ bezeichnet oder ein „von mindestens zwei Seiten eingeschlossenes, aufgrund der Lage oder des Zuschnitts nicht oder nur eingeschränkt bebaubares Grundstück“ (DWDS). Das Wort zwickel hatte im Mittelhochdeutschen die Bedeutung ‘Keil, Handwerkszeug mit keilförmiger Spitze’ (Pfeifer, Lexer) und wurde metaphorisch auf keilförmige Stücke verschiedener Art übertragen. Es ist wohl von zwec, zwic ‘Nagel’ abgeleitet, s. Pfeifer (vgl. auch Heftzwecke https://www.atlas-alltagssprache.de/r8-f3f-2/). Pfeifer erwägt bei dieser Ableitung einen Einfluss des Verbs zwicken, das als Intensivbildung zu ahd. zwigōn ‘pflücken, rupfen, abweiden, entzweien’ wohl mit Zweig verwandt ist. Auch für die Bezeichnung Zwickeltag könnte dieses Verb eine Rolle spielen: (ein-)zwicken wird in Österreich auch in der Bedeutung ‘(ein-)klemmen’ verwendet. Man kann sich also einen zwischen zwei freien Tagen eingeklemmten Arbeitstag vorstellen (s. a. https://www.derstandard.at/story/2000079389556/fenstertag-zwickltag-oder-brueckentag-wie-sagen-sies [letzter Abruf 7.1.2022]) – dies ist auch die Idee bei den skandinavischen Bezeichnungen klämdag (schwed.), klemmedag (dän.), inneklemt arbeidsdag (norw.).

Für den Ausdruck Fenstertag findet man verschiedentlich die Erklärung, dass die freien Tage in Kalendern mit einem „X“ markiert würden und der Arbeitstag dazwischen dann aussehe wie ein Fenster mit Klappläden links und rechts (s. a. https://www.derstandard.at/story/2000079389556/fenstertag-zwickltag-oder-brueckentag-wie-sagen-sies [letzter Abruf 7.1.2022]). Das würde allerdings nicht nur Kalender mit einer bestimmten Anordnung der Tage voraussetzen, sondern auch, dass die Tage des Wochenendes ebenfalls mit einem „X“ speziell als arbeitsfrei markiert würden – was nicht sehr plausibel erscheint. Alternativ ist vielleicht an einen metaphorischen Gebrauch von Fenster für etwas eng Begrenztes zu denken wie bei Zeitfenster für einen von zwei Terminen umrissenen Zeitraum (wobei dann aber der Aspekt, dass – nur – das Fenster Perspektiven eröffnet, fehlen würde).

(Mitarbeit: Emily Groteclaes)