Gug(e)lhupf/Rührkuchen


Gug(e)lhupf/Rührkuchen (Frage 1c)

12_1c_Gugelhupf

Foto: privat

Die Karte verzeichnet die Bezeichnungen für einen Kuchen mit einer charakteristischen, hohen Kranzform und einer Öffnung in der Mitte, was im Fragebogen auf dem beigegebenen Foto zu sehen war. Die entsprechenden Backformen sind meist aus Metall, zuweilen auch aus Keramik oder Silikon, und ergeben durch streifenförmige, diagonal verlaufende Ausbuchtungen das typische Muster des Kuchens. Er wurde früher oft als Geburtstagskuchen gebacken. Was aus der Abbildung nicht ersichtlich war und auch nicht erläutert wurde, ist die Art des Teigs. Häufig ist es ein Hefeteig, es gibt auch Rezepte mit einem Rührteig – mal mit, mal ohne Rosinen; in Abhängigkeit von der Art des Teigs sind regional weitere Bezeichnungsdifferenzierungen möglich (vgl. WDU II,14.).

Der am weitesten verbreitete Ausdruck ist Gug(e)lhupf, wobei die – ursprünglichere – Aussprachevariante Guglhupf in Süddeutschland, Österreich und in Südtirol üblich ist, während die Form Gugelhupf, also mit eingefügtem -e-, in Norddeutschland Verwendung gefunden hat. In der Deutschschweiz sowie teilweise im Elsass und in Lothringen heißt es Guglhopf. Die Herkunft dieses Worts ist nicht eindeutig. Der Bestandteil Gug(e)l- könnte sich vom fnhd. Wort gugel ableiten, einer Bezeichnung für eine Art ‘Kapuze’, welches wiederum auf das gleichbedeutende mlat. cuculla, cucullus zurückgeht (DWB IX, 1048, Duden-Etymologie 2007) Adelung führte die Bezeichnung auf eine „Ähnlichkeit mit einer Kugel, oder vielmehr mit einer Kogel, einer Art eines Oberdeutschen Kopfputzes“ zurück (Adelung 1811, 1815f., Stichwort *Kugelhippe). Der zweite Bestandteil, -hupf bzw. -hopf, wird etymologisch zum Verb heben gestellt, sodass sich eine Gesamtbedeutung wie ‘ein sich aus der Kuchenform wie eine Kapuze hebender Teig’ ergeben könnte (vgl. DWB IX, 1048, Duden-Etymologie 2007).

Die meisten anderen, nur regional verbreiteten Bezeichnungsvarianten führen das Bestimmungswort -kuchen: In Ostbelgien heißt es Rodonkuchen, wobei die Herkunft von Rodon- ungeklärt ist. In den nördlichen deutschen Bundesländern ist Topfkuchen verbreitet, speziell in Brandenburg und Vorpommern auch Napfkuchen; beide Wörter deuten auf eine ursprünglich einfachere, nicht verzierte Backform hin. Auf die Art des Teigs weist das Wort Rührkuchen hin, das vor allem in Thüringen, im Süden Sachsen-Anhalts und im Norden Sachsens und Hessens üblich ist. In Sachsen finden sich noch zwei kleinere Gebiete mit charakteristischen Bezeichnungen: Aschkuchen, das hauptsächlich aus dem Vogtland gemeldet wurde, und Bäbe, mit schwerpunktmäßiger Verbreitung in der Oberlausitz. Asch ist eine Nebenform zu Esche (beides aus ahd. asc, mask., bzw. asca, fem.) und kann auch einen aus Eschenholz gefertigten ‘Topf’ oder ‘Napf’ bezeichnen (DWB I, 578); das Wort muss dann von da aus auch auf backbeständige Gefäße übertragen worden sein. Bäbe geht wohl auf ein slawisches Wort zurück (DWB I, 1057): Baba ist sowohl „ein sagenhaftes Wesen der slaw. Volksüberlieferung“ (wörtlich: ‘die Alte’) als auch ein „zuckerhutförmiger Kuchen“, auch „Napfkuchen“, der „in Rußland, Polen (Babka), Schlesien, Oberlausitz (Babe, Bäbe)“ bekannt ist (Meyers). Aus Nordfriesland wird darüber hinaus noch Puffer gemeldet; diese Bezeichnung deutet – wie bei Kartoffelpuffer – auf das ‘Aufblähen’ bzw. Aufgehen des Kuchenteigs hin (Kluge, 654).

Die Bearbeiter des 1935 erschienenen Bands IX des Deutschen Wörterbuchs notierten zu Gugelhupf: „das wort ist vornehmlich oberdeutsch und reicht nur wenig in mitteldeutsche gebiete hinein“ (DWB IX, 1050). Im Rahmen des „Wortatlas der deutschen Umgangssprachen“ wurde in den 1970er Jahren ebenfalls mit einer Abbildung nach den Bezeichnungen für diese Art von Kuchen mit seiner charakteristischen Form gefragt. Der Vergleich mit der entsprechenden Karte des WDU (II, 60), die die Angabe des DWB bestätigt, offenbart eine regelrechte Erfolgsstory des Worts Gug(e)lhupf: Vom Süden des deutschen Sprachgebiets hat es sich in fast alle Regionen der Mitte und des Nordens Deutschlands ausgebreitet und damit im Westen die Bezeichnungen Rodonkuchen, Bund(kuchen) sowie Formkuchen fast vollständig verdrängt und im Norden Topfkuchen, Puffer und Napfkuchen erheblich zurückgedrängt. Zu vermuten ist, dass die Produktwerbung schon relativ früh auf den eigentümlichen Namen setzte; selbst ein in Bielefeld beheimateter großer Nahrungsmittelkonzern wirbt für entsprechende Backmischungen nicht mit Rodonkuchen oder Topfkuchen (beide Varianten waren in den 1970er Jahren für Bielefeld als gleich üblich gemeldet worden), sondern mit „Gugelhupf“ (mit -e-). In Württemberg ist auffällig, dass dort vor 50 Jahren die Lautvarianten Guglhopf noch sehr verbreitet war, inzwischen aber – nach Ausweis der aktuellen Karte – fast vollständig verschwunden ist. Stärker erhalten haben sich regionaltypische Bezeichnungen im Osten Deutschlands (ausgenommen im Großraum Berlin): Vor allem in Thüringen hat sich Rührkuchen nicht nur erhalten, sondern auch gegen Asch- und Napfkuchen durchgesetzt. Aschkuchen und Bäbe haben sich dagegen in den jeweiligen Gebieten Sachsens, in denen sie schon in den 1970er Jahren dominant waren, erhalten.

Eine beliebte Variante des Kuchens ist übrigens, einen Teil des Teigs mit Kakaopulver zu mischen und im Wechsel mit dem hellen Teig zu schichten. Daraus entsteht beim Schneiden der Kuchenstücke ein ,marmoriert‘ wirkendes Muster, nach dem diese Variante verbreitet als Marmorkuchen bezeichnet wird. Inwieweit dies die einzige Bezeichnung ist, müsste durch eine eigene Umfrage geklärt werden.