Dings/Dingens


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Dings/Dingens (Frage 2k)

Fast überall im deutschen Sprachraum ist es üblich, für einen Namen, den man vergessen hat, eine Variante von Ding zu verwenden, also dasselbe Wort wie für eine Sache, deren Bezeichnung man nicht kennt oder im gegebenen Kontext nicht wichtig findet (dementsprechend oft leicht abwertend, vgl. etwa Was ist denn das für ein Ding? Jetzt räum doch endlich mal dieses Ding aus dem Weg! etc.). Das Wort geht zurück auf die Bezeichnung für die Gerichtsversammlung der Germanen (Thing) und ist offenbar zunächst übertragen worden auf das, was auf dem Thing verhandelt wurde, und dann in ausgeweitetem Gebrauch auf jede Art von Gegenstand (ähnlich wie bei den entsprechenden Wörtern chose, cosa in romanischen Sprachen, die auf lat. causa 'Gerichtssache' zurückzuführen sind, s. Kluge 181).

Bei Namen funktioniert dieser Ersatz durch Ding (bzw. hier: Dings) jedoch nicht, wenn man den Namen überhaupt nicht kennt, sondern nur, wenn man ausdrücken will, dass man ihn eigentlich weiß, aber im Moment nicht findet (Das macht doch der ... – wie heißt er gleich noch?); dadurch, dass klar ist, dass es sich vor allem um ein Gedächtnisproblem des/der Sprechenden handelt, kommt es hier weniger deutlich zu einem abwertenden Beiklang (allenfalls entsteht durch den eingestandenen Verzicht auf genaueres Nachdenken der Eindruck, der Name werde als unwichtig betrachtet). Der Unterschied zu der „Default-Bezeichnung“ für Sachen wird jedoch auch in der Form sichtbar: Nur in wenigen Orten im Südwesten und in Österreich und insbesondere im Elsass und in Lothringen wurde als Namenersatz die Form der Ding angegeben (wie für Sachen, aber bei Bezug auf einen Mann im Maskulinum – das Genus hängt beim Namenersatz von Geschlecht der Person ab). Dominierend ist dagegen fast überall die Form der Dings mit -s, die sich wohl vom Genitiv ausgehend etabliert hat (vgl. DWB XXXI, 826 zu der Entwicklung von Zeugs, vgl. auch ältere Belege von Dings im Sinne eines partitiven Genitivs wie ein stück eßig (eßbar) dings, als brot, kees, leckkuchen, mehrdeutige Belege und jüngere Belege, in denen ein Genitiv ausgeschlossen ist, s. DWB II, 1176). Im nördlichen Teil Deutschlands erscheint vor dem -s häufiger noch -en- (Dingens), vor allem im Rheinland und in Westfalen; hier lautet die Ausgangsform, das Wort für 'Sache allgemein', oft Dingen statt Ding (s. RhWb I, 1362).

Vor allem in Bayerisch-Schwaben und dem Osten von Baden-Württemberg, verstreut auch in der Osthälfte Österreichs und ganz vereinzelt an weiteren Stellen in der Südhälfte Deutschlands ist noch ein ganz anderer Ausdruck üblich, wenn man den Namen einer Person vergessen hat: Hier wurde neben der Dings auch der Eine angegeben (bzw. in dialektaler Lautung der Oi oder Oa), ein Ausdruck, den man in anderen Regionen eher kennt, wenn über eine Person gesprochen wird, die den Gesprächspartnern zwar vom Sehen bekannt ist, deren Name dem/der Sprechenden aber nicht entfallen, sondern gar nicht bekannt ist (Erinnerst du dich an die Fernsehdisskussion am Mittwoch? Da war doch der eine, der gesagt hat...).