pusten / blasen

Wir haben in zwei Fragen nach Wörtern für ‘kräftig ausatmen, wodurch man einen starken Luftstrom erzeugt’, gesucht. Ausgewählt wurden fast ausschließlich die beiden Verben pusten und blasen.

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pusten / blasen (müssen) (Frage 4d)

Bei der ersten Frage ging es um Alkoholtest bei einer Polizeikontrolle. Muss man dabei ins Röhrl / Röhrle / Röhrli / Röhrchen pusten oder blasen? Wie bei vielen anderen Karten – z. B. atmen vs. schnaufen (https://www.atlas-alltagssprache.de/atmen/), Gardine vs. Vorhang (https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-4/f08a-b/), von daher vs. von dem her (https://www.atlas-alltagssprache.de/r11-f7c/) – zeigt sich auch hier eine Nord-Süd-Teilung des deutschsprachigen Raums mit pusten in der Nordhälfte und blasen in der Südhälfte. Die nördlichsten Belege für blasen finden sich allesamt unterhalb der sog. Benrather Linie, die die niederdeutschen von den hochdeutschen Dialektgebieten trennt.

Allerdings ist die Grenze nicht so scharf wie etwa bei von daher vs. von dem her (https://www.atlas-alltagssprache.de/r11-f7c/), wo sie ziemlich genau entlang der Mainlinie (bzw. des ,Weißwurstäquators‘, s. Durrell 1989) verläuft. Die pusten / blasen-Grenze liegt etwas weiter nördlich, wobei Ostbelgien und Luxemburg noch vollständig zum südlichen Gebiet gehören, in dem man blasen sagt, und es einen breiten Streifen im west- und ostmitteldeutschen Gebiet gibt, in dem beide Formen genannt werden – je nördlicher man schaut, desto dichter werden die Belegpunkte für pusten, je südlicher, desto mehr für blasen. Auffallend ist des Weiteren, dass es in Baden-Württemberg und einigen Orten im Norden Bayerns sowie um München herum pusten als Zweitmeldung gibt, während die übrigen Regionen im oberdeutschen Gebiet kompakte blasen-Areale bilden. Der Ausruf Pustekuchen! (https://www.atlas-alltagssprache.de/r13-f2d) ist dagegen auch in Süddeutschland weiter verbreitet, wenngleich die Karte grundsätzlich eine ähnliche Zweiteilung zeigt.

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auspusten / ausblasen (Frage 4e)

Bei der zweiten Frage ging es darum, wie man sagt, wenn man durch kräftiges Ausatmen eine Kerze löscht, wie in der Aufforderung gegenüber einem Kind, auf diese Weise die Kerzen auf einer Geburtstagstorte zu löschen: „Du musst die Kerzen fest ….!“

Es zeigt sich eine ähnliche Nord-Süd-Teilung des Sprachgebiets wie im Fall ins Röhrchen (/ Röhrl / Röhrle / Röhrli) pusten / blasen (müssen) mit auspusten im Norden und ausblasen im Süden. Allerdings finden sich auf der Karte hier deutlich mehr auspusten-Belege im Süden Deutschlands als pusten-Belege auf der Karte pusten / blasen (müssen), während aus der Schweiz, aus Liechtenstein, Österreich und Südtirol recht einheitlich ausblasen genannt wurde.

Leider liegen keine älteren Karten aus den Dialekten oder der Alltagssprache zum Vergleich vor. Die beiden Kartenbilder für (c) und (d) legen aber nahe, dass das (aus-) blasen-Gebiet im Süden früher kompakter war und sich (aus-) pusten zumindest im Süden Deutschlands immer weiter ausbreitet bzw. schon ausgebreitet hat.

Diese Vermutung lässt sich durch einen Blick auf die Herkunft des Verbs pusten erhärten: Während blasen ein gemeingermanisches Wort ist (s. mittelhochdeutsch, -niederdeutsch und -niederländisch blāsen, altnordisch blāsa usw.), ist das Verb pusten im späten Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit aus dem (Mittel-) Niederdeutschen ins Hochdeutsche gekommen; im Frühneuhochdeutschen diphthongierte (pausten) oder sogar noch mit einer anlautenden Affrikate versehene (pfausten) Formen sind wieder außer Gebrauch gekommen (Pfeifer).