Plätzchen/Keks(e)/Guetzli



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Selbstgemachtes Weihnachtsgebäck (Frage 1a)

Für selbstgemachtes Weihnachtsgebäck werden im deutschen Sprachraum in erster Linie vier verschiedene Bezeichnungen verwendet, die sich klar auf die Staatsgebiete verteilen und darüber hinaus innerhalb von Deutschland noch einmal regional unterscheiden. In Österreich und Südtirol heißt das Gebäck allgemein Keks(e) (das Plural-e wird in der Alltagssprache normalerweise nicht gesprochen) bzw. in diminuierter Form (im Plural) Kekserln, Keksle (in Vorarlberg) oder Kekslan (in Südtirol und angrenzend). Diese Bezeichnung wurde daneben auch aus dem Norden Deutschlands gemeldet, aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, dort stellt sie allerdings immer nur die Minderheiten-Variante dar, außer an der friesischen Nordseeküste. Das Wort ist verwandt mit dt. Kuchen, aber in dieser Form im 19. Jh. aus dem Englischen cake übernommen, genauer: aus der englischen Pluralform cakes. Das englische cake ist seinerseits wohl eine Entlehnung aus dem Nordischen (OCDEE), vgl. schwed. kaka 'Kuchen; Plätzchen'. Auch im Schwedischen und Dänischen hat sich daneben die englische Pluralform cakes in der Form kex bzw. kiks als Bezeichnung für trockenes Kleingebäck etabliert, hier ist das Wort schon seit 1755 belegt (s. Hellquist käx, dort wird auch niederdt. kecks aufgeführt). Wie die Bedeutung der Entlehnungen schon nahelegt, wurde cake im Englischen früher auch für trockenes, hartes Gebäck verwendet; englisches Teegebäck war wohl das Vorbild für die 1889 gegründete „Hannoversche Cakesfabrik H. Bahlsen“ und deren bekanntestes Produkt, den Leibniz-Cakes (1892) (s. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/butterkeks-erfinder-hermann-bahlsen-kekse-finde-ich-scheusslich/2757554.html).

In Deutschland ist das Wort Keks erheblich weiter verbreitet als in dieser Karte sichtbar, nämlich als Bezeichnung für gekauftes, nicht selbstgemachtes Gebäck (s. https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-5/f02a-b/ Karte a: Bezeichnungen für ‘Gebäck, das man im Supermarkt kaufen kann und das man zu Kaffee oder Tee reicht’).

Selbstgemachtes (Weihnachts)gebäck nennt man in den meisten deutschen Regionen sowie in Ostbelgien dagegen Plätzchen bzw. in Teilen von Baden-Württemberg und Bayern/Franken auch Plätzle oder Platzerl. Es handelt sich hier um Diminutivformen zu Platz 'flacher Kuchen, Fladen', dessen weitere Herkunft nicht ganz klar ist (Kluge stellt es zum Verb platzen, wegen der beim Backen aufplatzenden Kruste, Pfeifer zu Platz 'freie umbaute Fläche', wegen der "breiten, flächenhaften Form").

In der Schweiz wird selbstgemachtes Gebäck Guetzli oder (seltener) Gutzi, Güetsi genannt. Diese Bezeichungen sind von gut abgeleitet. Im Südwesten Deutschlands werden ähnliche Wörter (Guetsle, Gutsje) eher für Bonbons verwendet (s. https://www.atlas-alltagssprache.de/r11-f1k/), die Karte zeigt allerdings ein kleines Gebiet bei Stuttgart, wo Weihnachtsgebäck auch als Guetsle bezeichnet wird. Ansonsten ist im Südwesten Deutschlands sowie im Elsass und in Lothringen dagegen die Bezeichnung Brötle bzw. Bretle üblich. Da das, was man in anderen deutschen Regionen unter Brötchen versteht, in diesem Gebiet Weckle heißt (s. https://www.atlas-alltagssprache.de/brotchen/), führt das nicht zu Missverständnissen, jedenfalls, solange SprecherInnen aus dem deutschen Südwesten unter sich sind.

Im Norden von Bayrisch-Schwaben wurde noch ein spezielles, sonst nicht verbreitetes Wort angegeben: Loible. Dies ist eine Diminutivform von Laib (in der regionalen Lautung Loib ); wie bei Plätzchen und Brötle hebt diese Bezeichnung also darauf ab, dass dieses Gebäck aus Teigstücken gemacht ist und oft auch in der Form an Brot erinnert, aber viel kleiner ist.

Die Frage nach den Bezeichnungen für Gebäck wurde in der 5. Runde des AdA (2008) schon einmal gestellt, differenziert nach gekauftem und selbstgemachtem Gebäck (https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-5/f02a-b/). Das Bild der neueren Karte speziell für selbstgemachtes Weihnachtsgebäck unterscheidet sich kaum von dem der älteren für selbstgemachtes Gebäck (allgemein); so stimmen beide Karten auch in der Präsenz von Keks als Nebenvariante in Norddeutschland überein. Auf die aktuelle Frage zum Weihnachtsgebäck wurde nur im Südwesten noch einhelliger die Antwort Brötle (Bretle) gegeben (in der Karte der 5. Runde erscheint auch in dieser Region daneben häufiger Plätzchen bzw. Plätzle), außerdem fehlt Pappele, das in der 5. Runde aus Südtirol gemeldet wurde.

[Mitarbeit: Catherine Hourlay und Caroline Toubon]