Schießhund/Luchs/Haftelmacher

"aufpassen wie ein ..." (Frage 6f)
Für besonders scharfes Aufpassen sind in den verschiedenen deutschsprachigen Regionen unterschiedliche Vergleiche zu festen Wendungen geworden (vgl. Duden-Redewendungen). Die Karte zeigt, dass es nur sehr wenige Regionen gibt, in denen keine Wendung mit aufpassen wie ein bekannt ist. Die am weitesten verbreitete Variante ist aufpassen wie ein Schießhund; dieser Ausdruck ist in ganz Deutschland zu finden, außer in Altbayern und Bayerisch-Schwaben. Daneben steht teilweise aufpassen wie ein Luchs, besonders in der Westhälfte Deutschlands, streckenweise auch im Osten, außerdem wurde diese Variante auch von Teilnehmenden aus Kärnten angegeben. In Österreich und der Schweiz sowie in Altbayern ist der übliche Vergleich jedoch eindeutig aufpassen wie ein Haftelmacher (Heftel-), in Tirol teilweise auch Haftelpitscher (Heftel-). Verstreut wird dieser Ausdruck auch aus anderen Teilen Süddeutschlands gemeldet, außerdem findet er sich im Elsass und einmal in Sachsen, aber abgesehen davon ist er in der Mitte Deutschlands und weiter nördlich offenbar überall unüblich.
Das entspricht der Tatsache, dass auch das Wort Haftel, Heftel nur im Süden des Sprachgebiets üblich ist (Duden Haftel). Es bezeichnet heute einen Verschluss aus Haken und Öse (als Alternative zum Knopf), der auch heute noch in bestimmten Kleidungsstücken (z.B. in Damenunterwäsche) vorkommt. Verwandt ist das Wort mit Haft und heften und auch mit haben, allen liegt eine Wurzel mit der Bedeutung 'fassen' zugrunde (s. Pfeifer). Nach dem DWB (10, 133/768) wurde teilweise unter Heftel auch allein der Haken verstanden, teilweise wurden so auch verschiedene andere Mittel zum Zusammenhalten von Stoff wie Stecknadeln bezeichnet. Der Ausdruck aufpassen wie ein Haftelmacher (Heftel-), den das DWB noch für Thüringen angibt (DWB Bd. 10 Sp. 768), bezieht sich aber wohl auf die Feinarbeit beim Biegen der kleinen Häkchen (vgl. die Abbildung des "Hefftelmachers" aus dem 16. Jh bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Haftel#/media/Datei:Fotothek_df_tg_0008147_St%C3%A4ndebuch_^_Handwerk_^_Heftelmacher_^_Heftler.jpg)). In Schweizer Dialekten sind auch andere Ausdrücke bezeugt, die auf die Genauigkeit der Häftlimacher abheben: „Augen haben wie ein H. (= gute Augen), Augen machen wie ein H. ('scharf, genau Acht geben'), jemand ist ,kein H.‘ ('ungeschickt')“ (s. Schweizerisches Idiotikon Bd. IV, Sp. 51).
Die beiden anderen zur festen Wendung gewordenen Vergleiche sind Tiervergleiche – wie ja häufig Tierarten für bestimmte Verhaltenweisen und Eigenschaften stehen. Der Ausdruck aufpassen wie ein Luchs, belegt seit dem 18. Jh. (s. Redensarten-Index (https://www.redensarten-index.de/suche.php?suchbegriff=aufpassen%2Bwie%2Bein%2BLuchs&bool=relevanz&gawoe=an&sp0=rart_ou&sp1=rart_varianten_ou&sp0=rart_ou&sp1=rart_varianten_ou&sp2=erl_ou) mit Beleg), erklärt sich durch das lauernde Jagen der großen Katzenart, das vor deren weitgehender Ausrottung in Deutschland und Österreich noch als anschauliche Vorstellung dienen konnte.
Aufpassen wie ein Schießhund bezieht sich dagegen auf die andressierte Aufmerksamkeit von „eine[r] Art abgerichtester Jagdhunde, welche das angeschossene und nicht gleich gefallene Wildbret aufsuchen, und wenn es Federwildbret ist, zugleich bringen.“ (Adelung Bd. 3, Sp. 1452). Bei Adelung ist auch schon die Wendung wie ein Schießhund aufmerken für 'sehr genau [aufpassen]' verzeichnet.
- [Impressum]
- [Datenschutz]
- 12.08.2024