geizig


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geizig (Frage 5j)

In Bezug auf Menschen, die nicht großzügig sind, ist geizig das am weitesten verbreitete Wort im deutschen Sprachgebiet, wie die Karte zeigt: Fast überall ist dies der gebräuchliche Ausdruck. Das Wort geht wahrscheinlich über die Verbableitung mhd. gītsen auf das ahd. Substantiv gīt ‘Habsucht, Gier’ zurück, zu dem zunächst das entsprechende Adjektiv mhd. gîtec, gîtig ‘(hab-)gierig, geizig’ (s. Lexer) gehörte, bis sich die Ableitung mit ts (z) durchsetzte. Die Wortfamilie lässt sich weiter auf ein indoeuropäisches *gheidh- ‘begehren, gierig sein’ zurückführen (Pfeifer). Bis zum 18. Jh. wurde geizig auch noch allgemeiner im Sinn von ‘gierig’ verwendet, z. B. ich ... durchblickte mit geizigem Auge die ganze Schönheit (Schubart, s. DWB Bd. 5, Sp. 2820), danach verengte sich die Verwendung definitiv auf die heutige, speziell auf materiellen Besitz bezogene Bedeutung. Z. B. in Ehrgeiz scheint aber noch der ältere Gebrauch durch.

Neben geizig gibt es zwei andere Ausdrücke für diese Eigenschaft, die ebenfalls in weiten Teilen des Sprachgebiets vorkommen, aber nur in bestimmten Gebieten häufig angegeben wurden: knick(e)rig wurde verstreut aus verschiedenen Regionen in Deutschland (außer Ostdeutschland) gemeldet, im Raum Saarland/westliche Pfalz und Luxemburg sowie in Teilen von Bayern ist dies jedoch die üblichste Variante, und auch an diversen Orten in Baden-Württemberg wurde knick(e)rig häufiger angeklickt als geizig. In Österreich und der Schweiz ist knick(e)rig dagegen offenbar unüblich. Das Wort geht auf eine heute nicht mehr bekannte metaphorische Verwendungsweise des Verbs knicken zurück, die Adelung (Bd. 2, Sp. 1660) erklärt als „aus Kargheit überall etwas abzubrechen oder abzuzwacken suchen“ (Kargheit wiederum heißt hier noch „die Fertigkeit, den nothwendigen Gebrauch seines Eigenthumes aus Liebe zu demselben zu unterlassen; ein hoher und lasterhafter Grad der Sparsamkeit. Die Kargheit gehet auf die Ersparung, so wie die Gewinnsucht, die Habsucht u. s. f. auf den Gewinn und Besitz, der Geitz aber auf beyde.“, Adelung Bd. 2, Sp. 1501). Von knicken wurde Knicker ‘geizige Person’ abgeleitet (seit dem 17. Jh. belegt, s. DWB – zu unterscheiden von dem lautmalerischen Wort für das Kinderspielzeug, s. die Karte „Bunte Glaskugeln" (https://www.atlas-alltagssprache.de/r10-f3e/) und hiervon knickerig (seit dem 18. Jh., s. Pfeifer).

Knauserig kommt als Nebenvariante in vielen Regionen vor, dominierend erscheint es jedoch nur im nördlichen Rheinland-Pfalz und etwas gehäuft als Hauptvariante in Sachsen-Anhalt. Auch hier ist zuerst, ausgehend vom Schlesischen, das Substantiv belegt, nämlich Knauser ‘geizige Person’ (17. Jh.), und das hiervon abgeleitete Adjektiv erscheint erst im 18. Jh. (Pfeifer). Die Herleitung aus dem älteren Adjektiv knaus, mhd. knuʒ ‘keck’, die Pfeifer und Kluge vermuten, wird im DWB zurückgewiesen; in der Tat weisen die Belege im Fnhd. Wb. nicht auf eine Verwendung dieses Adjektivs im Sinn von ‘hochfahrend gegenüber den Armen’ hin (s. auch DWB Bd. 11, Sp. 1372). Das DWB nimmt die Entwicklung von einem Verb *knausen ‘nagen’ her an, das von knauen ‘nagen, kauen’ ausgehend gebildet wäre, allerdings nicht bezeugt ist.

Ein spezifisch rheinischer Ausdruck ist schließlich kniestig; das Dialektwort kniestig (weiter südlich auch als kneistig, gneistig) bedeutet zunächst ‘schmutzig, schmierig’, in übertragener Bedeutung im Rheinland aber auch ‘mürrisch’ und (anscheinend von da ausgehend) ‘geizig’ (RhWb).

(Mitarbeit: Anna Lassoie)