(Brat-/Grill-) Hähnchen

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(Brat-/Grill-) Hähnchen (Frage 1b)

Obwohl das Wort „Hähnchen“ in der Frage vorgegeben war, zeigt das Kartenbild, dass es neben dieser Variante noch eine Reihe anderer Wörter für dieses gebratene bzw. gebackene Geflügel gibt. Hähnchen (auch Grillhähnchen oder Brathähnchen) ist das im Nordwesten und Westen Deutschlands sowie in Ostbelgien und in Teilen Baden-Württembergs übliche Wort. Gemeldet wurde es darüber hinaus auch aus verschiedenen Orten Ostdeutschlands (insbesondere aus dem nördlichen Brandenburg). Dort ist aber immer noch das Wort Broiler die dominante Variante, das als eines der Schibboleths des ,DDR-Deutsch‘ galt. Hierbei handelt es sich offensichtlich um ein Lehnwort aus dem Englischen, das seit den 1960er Jahren in Ostdeutschland Verbreitung fand (Pfeifer). „Möglicherweise sind Wort und Sache von Bulgarien aus nach Ostdeutschland gelangt“, schreibt die Duden-Etymologie (2007). Das in Luxemburg, im Elsaß, in Lothringen sowie der Schweiz vorherrschende Poulet ist dagegen ein Lehnwort aus dem Französischen. Im Süden Deutschlands, in Südtirol und besonders in Österreich sind verschiedene l-Diminutive von Henne bzw. Hahn verbreitet: in Österreich, Oberbayern und zum Teil auch in Südtirol spricht man von Hendl, in Vorarlberg von Hennele und in Teilen Badens und Frankens von Hähnle (jeweils auch: Brathendl, -hähnle, -hennele). In Schwaben, dem größten Teil Bayerns (außer vor allem Oberbayern und Unterfranken) und auch im westlichen Teil Südtirols sind Bezeichnungen üblich, die sich auf Varianten von Gockel zurückführen lassen. Dazu gehören neben dem schwäbischen Göckele/Geggele die Bezeichnungen Gockel/Gockerl, das vor allem in Bayerisch-Schwaben und der Oberpfalz gebräuchlich ist, und Gicker(l[e])/Gigger(l[e]), das man insbesondere in Niederbayern, Mittelfranken und Südtirol hört. All diese Bezeichnungen sind – wie auch die verwandten französischen (coq) und englischen (cock) Bezeichnungen – lautmalerischer Natur; die -er und -el-Endungen sind dabei Wortbildungselemente, die auf ein nomen agentis verweisen, die -le und -l-Endungen sind dagegen wieder als -l-Diminutivformen zu identifizieren (vgl. KBS, 199). Das Verbreitungsgebiet dieser Gockel-Varianten für das gebratene/gegrillte Hühnchen ist sehr viel kleiner als das Gebiet, in dem in den Mundarten Gockel-Formen als Bezeichnungen für das lebende Tier verwendet wurde – dieses reichte vom Siegerland über fast den gesamten Süden Deutschlands und der Nordschweiz bis nach Südtirol. Das Wort Güller dagegen, das vereinzelt aus nieder- und hochalemannischen Gebieten gemeldet wurde, ist zum ahd. galan ‘singen, gellen’ zu stellen (König et al. 2015, 217), das heute noch im Wort Nachtigall erhalten ist.