Heut(e) um vier(e)

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Heut(e) um vier(e) (Frage 8g)

In der Zeitangabe heut(e) um vier(e) sind zwei Variationsphänomene kombiniert, die beide ein auslautendes -e betreffen, aber einen unterschiedlichen Hintergrund und eine fast komplementäre regionale Verteilung haben: Zum einen das Verschwinden (Apokope) des zum Stamm gehörenden -e in heute (ahd. hiutu, hiuto, aus *hiu dagu ‘an diesem Tag’ zusammengezogen, das -te ist also sozusagen der Überrest von Tag). Die e-Apokope ist im Dialekt weiter verbreitet als in unserer Karte; nach den DiWA-Karten 197 ‘heute’ oder 336 ‘müde’ wäre die Form ohne -e auch noch am Niederrhein und außerdem in ganz Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und den angrenzenden Teilen von Niedersachsen und Brandenburg zu erwarten. (Allerdings ist das mundartliche Wort hier nicht überall eine Form von heute, sondern im Nordwesten, vom Niederrhein bis Schleswig, heißt es im Dialekt van dag(e).) In der Alltagssprache ist heut (heit, hüt) ohne -e jedoch nur von Mosel und Main an südlich allgemein der Normalfall, in der deutschen Nordhälfte und in Ostbelgien wird das -e zumeist gesprochen.
Zum anderen geht es um die endungslose oder flektierte Form des Zahlworts vier (vier-e mit Flexionsendung des Nom./Akk. Pl.). Im Mhd. und Fnhd. werden bei den Zahlwörtern von vier bis zwölf noch beide Formen nebeneinander gebraucht (s. Mhd. Gr. §M60, Fnhd. Gr. §M57 ), in neuerer Zeit hat sich die flektierte Form nur in einigen festen Wendungen gehalten (vgl. alle viere von sich strecken) und in einem Teil des Sprachgebiets in den Uhrzeitangaben, sofern das Zahlwort substantivisch gebraucht wird. (In der Kombination vier Uhr wird dagegen allgemein kein -e angehängt.) Die Verwendung der flektierten Form ist südlich des Mains üblich, in Baden-Württemberg, Bayern (außer Franken), der Schweiz (vieri), in Südtirol und teilweise – nicht durchgehend – in Österreich. Die beiden häufigsten Kombinationen sind also heute um vier im Norden und heut um viere (/hüt em vieri) im Süden. Nur in einem mittleren Streifen von Luxemburg/Saarland/Rheinland-Pfalz bis Franken ist die e-Apokope üblich, aber nicht die flektierte Form des Zahlworts, hier sagt man meist heut um vier. Diese Variante wird auch ein paarmal verstreut in Österreich und (vor allem Ost-)Deutschland gemeldet. Die Version mit zwei -e (heute um viere)ist dagegen offenbar überall eine Ausnahme, sie wird nur ganz verstreut gemeldet, aus dem ostmitteldeutschen Gebiet und aus Österreich.