Balkon (Plural)

10_09c

Balkon im Plural: "Das Haus hat zwei Balkon-..." (Frage 9c)

Der Plural von Balkon wird in Deutschland und Österreich meistens mit -e markiert (Balkone), wie dies bei maskulinen Substantiven  die Regel ist (Tag-e, Baron-e o.ä.), offenbar unabhängig von der Aussprache von <on> (vgl. Kt. 9b). Vor allem in der deutschen Nordhälfte erscheint in der Karte daneben auch der Plural auf -s (Balkons), in Ostdeutschland, besonders in Sachsen, ist dies die dominierende Form. Diese Pluralbildung auf -s ist im Standarddeutschen auf Sonderfälle begrenzt, nämlich vor allem auf Wörter, die im Singular auf einen unbetonten Vollvokal enden (Uhus, Sofas), Abkürzungswörter (LKWs, TÜVs) und Lehnwörter, die im Singular auf einen betonten Vollvokal enden (Büros, Tabus); s-Plural kommt jedoch teilweise auch bei anderen Lehnwörtern vor (Hotels, Jobs) (Duden-Grammatik 2016, 189f.). Ein Einfluss der Pluralbildung in den Herkunftssprachen Französisch und Englisch spielt hier sicher mit. Zum einen ist jedoch zu bedenken, dass das -s im Französischen nur in der geschriebenen Form erscheint, aber nicht ausgesprochen wird, und zum anderen ist deutlich, dass sich der deutsche s-Plural bei vokalisch auslautenden Wörtern verallgemeinert hat; das sieht man an  Wörtern,  die in der Herkunftssprache keinen s-Plural haben (s. Saunas, Pizzas) (vgl. Duden-Grammatik 2016, 190). Auffällig ist in unserer Karte im Vergleich zu der Aussprachekarte Kt. 9b, dass sich der s-Plural Balkons auf das Gebiet bzw. auf Orte beschränkt, wo <on> wie ong ausgesprochen wird.

Die Meldungen für unveränderten (Null-)Plural (Balkon) stammen alle aus dem oberdeutschen Raum, wo -e am Wortende geschwunden ist (vgl. Has 'Hase' o.ä.), der Plural Balkon ist hier insofern als regionale Variante von Balkone zu verstehen – außer dort, wo Balkon im Singular mit Nasalvokal gesprochen wird (v. a. Elsaß und Lothringen), dort folgt der Nullplural im Deutschen wahrscheinlich dem Muster der gesprochenen französischen Form.

Die Schweiz und Vorarlberg heben sich klar vom übrigen Gebiet ab, hier lautet der Plural Balkön, mit Umlaut. Dieses Pluralkennzeichen ist im Standarddeutschen meistens mit dem Suffix -e kombiniert (Ton-Töne), weil der Umlaut historisch auf den Einfluss des später zu -e abgeschwächten Pluralsuffixes -i zurückgeht (ahd. gast-i > Gäst-e); per Analogie ist dieses Pluralmuster dann z. B. auch auf Lehnwörter übertragen worden wie etwa bei Tenör-e. In den Dialekten und Regiolekten des (v. a. süddeutschen) Raums, in denen -e schon in frühneuhochdeutscher Zeit geschwunden ist, ist der Umlaut bei diesem Muster das einzige Pluralkennzeichen geworden (Händ) und dann auch auf Wörter übergegangen, die historisch und verbreitet auch im Standarddeutschen e-Plural ohne Umlaut haben (vgl. Tag → Täg, WagenWägen).