Bommelmütze

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Bommelmütze (Frage 8d)

Die Bezeichnungen für die abgebildete Kopfbedeckung sind allesamt Komposita; die große Anzahl der Varianten erklärt sich vor allem daraus, dass es bei beiden Teilen in unterschiedlicher Weise regionale Variation gibt. In der Karte sind die Varianten beim Bestimmungswort (erster Teil) durch verschiedene Farben voneinander unterschieden, die Varianten beim Grundwort (zweiter Teil) durch verschiedene Symbole.  Als Grundwörter, die die (weiche, eng anliegende) Kopfbedeckung als solche bezeichnen, koexistieren Mütze (Dreieck),  Kappe (Kreuz) und Haube (Stern) (vgl. dazu Strickmütze). Mütze und Kappe gehen auf Entlehnungen aus dem Lateinischen zurück (mittellat. almucia, eine Art Kapuze der Geistlichen, die über Kopf und Schultern reichte, s. DWB, bzw. mittellat. cappa, ebenfalls die Bezeichnung für ein Kleidungsstück, das Kopf und den (Ober-)Körper bedeckte (daher auch dt./engl. Cape und schwed. kappa 'Mantel'). Haube, ahd. hūba, ist dagegen germanischer Herkunft und bezeichnete schon im Mittelalter Kopfbedeckungen verschiedener Art, darunter auch einerseits Helme aus Leder oder Metall (DWB, vgl. noch die preußische Pickelhaube) und andererseits die Haube, die speziell die verheiratete Frau kennzeichnete (vgl. unter die Haube kommen).

Die geographische Verteilung dieser Varianten erlaubt zwar nach den Schwerpunkten eine Zuordnung zu nationalen Varietäten:  Mütze in Deutschland, Ostbelgien und Luxemburg, Haube vor allem in Österreich und Kappe vor allem in der Schweiz (sowie in Südtirol, im Elsaß und in Lothringen), aber die Areale decken sich nicht genau mit den Staaten: auch im Osten von Bayern heißt es Haube, in Vorarlberg und Nordtirol dagegen Kappe, und auch im Westmitteldeutschen und in Baden-Württemberg wurde häufig Kappe angegeben. Im Vergleich zu der älteren Verteilung in den Dialekten (DWA) ist allerdings Kappe in Österreich noch etwas weiter von Haube verdrängt worden und vor allem in Deutschland durch Mütze: In der DWA-Karte gilt etwa von Rheinland-Pfalz und Hessen und Franken an südwärts Kappe (das dann im Osten von Bayern an Haube grenzt).

Als Bestimmungswörter für die Benennung speziell einer wollenen Kopfbedeckung, die am Hinterkopf mit einer ballartigen Quaste verziert ist, stehen vor allem Bommel-, Pudel- und (seltener) Zipfel- nebeneinander.

Bommel geht auf das Verb bummeln zurück, das zunächst die schwankende Bewegung (zunächst evtl.: einer "bimmelnden" Glocke) bezeichnet (DGrWb Bd. 2 S. 639, DWB Bd. 2, Sp. 515), vgl. auch baumeln. Dass es sich hierbei um ein niederdeutsches Verb handele (so DGrWb ebd.),  steht im Kontrast zu dem Kartenbild, nach dem diese Bezeichnung für die Mütze zwar auch im Nordosten Deutschlands üblich ist, aber besonders im hochdeutschen  Raum dominiert, in erster Linie im mitteldeutschen Gebiet, gebietsweise auch in Süddeutschland und bis hinunter nach Vorarlberg.

Die Spezifikation Pudel-, die vor allem in Österreich und der Schweiz sowie im Nord(west)en von Deutschland üblich ist, aber auch in Teilen von Baden-Württemberg und Bayern vorkommt, bezieht sich auf die Ähnlichkeit einer "zottige[n] pelzmütze" (DWB Bd. 13, Sp. 2203) mit den krausen Haaren dieser Hunderasse, die ihrerseits den Namen Pudelhund wegen ihrer Vorliebe für Wasser bzw. ihrer Nutzung für die Jagd von Wasservögeln bekommen hat (vgl. pudelnass), nach dem Verb pudeln 'im Wasser plätschern', das mit niederdt. Pudel, engl. puddle 'Wasserloch, Pfütze' zusammenhängt. Zipfelkappe als Bezeichnung für die abgebildete Kopfbedeckung ist schließlich in Lothringen und im Elsaß üblich und in Gegenden der Schweiz, während Zipfel-, eine Ableitung von Zipf 'Spitze, spitzes Ende'  (engl. tip) sich andernorts eher auf Mützen mit langer Spitze, aber ohne die runde Quaste bezieht.  Das Tiroler Wort Tschoggel- /Tscheggel-  'Quaste (am Hut)' geht auf ital. ciocca 'Strähne, Büschel' zurück (Moser 2013, 277).