Brotrinde

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Brotrinde (Frage 3i)

Die Karte zeigt die Bezeichnungen für die „braune, äußere Schicht der Brotscheibe“. Neben dem Wort Rinde finden sich auch einige Bezeichnungen, die schon auf der Karte zum „Anfangs- oder Endstück des Brotes“ auftauchten, nämlich Kruste und Rampft. Das darf nicht verwundern, denn beides besteht im Wesentlichen aus der beim Backen knusprig-braun gebackenen Außenschicht des Brotlaibs. Ihr ergeht es wie dem Anfangs- bzw. Endstück: Entweder mögen oder verschmähen es die Leute; für Kinder und ältere Menschen, für die sie schwierig zu essen ist, wird diese Schicht oft abgeschnitten.

Schon bei den Wörtern für das Anfangs- bzw. Endstück war zu sehen, dass die Menschen, als sie vor vielen Jahrhunderten nach Bezeichnungen für die Teile des Brotlaibs suchten, auf Wörter aus ihrer nächsten Umgebung dachten und sie metaphorisch übertrugen. Die am weitesten verbreitete Bezeichnung für die Außenschicht ist Rinde. Hier wurde also das Wort für die äußere, den Stamm und die Äste eines Baums übernommen. Rinde leitet sich von einem in vielen germanischen Sprachen verbreiteten und auf einen indoeuropäischen Stamm *rendh zurückführendes Verb ab, das ‘(zer-) reißen‘ bedeutete (Pfeifer). Vor Augen hatte man also – wie bei einem Baumstamm – die rissige äußere Hülle.

Weit verbreitet ist auch das Wort Kruste, das in Ostbelgien sowie im gesamten Westen und Nordosten Deutschlands die dominantere oder sogar die einzige Bezeichnung ist. Kruste geht auf das lateinische crusta ‘Rinde, Schorf’ zurück, das schon ins Althochdeutsche entlehnt wurde. Im Südwesten, etwa südlich von Mosel und Main sowie westlich der Isar, wird das Wort meist in der Ausspracheform Kruscht(e) verwendet (mit Palatalisierung von -s- vor -t- zu -scht-). Eine weitere Variante davon, die in Luxemburg und teilweise auch noch in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Lothringen üblich ist, lautet Korsch(t) oder Kursch(t). Bei dieser Form ist nicht nur im Auslaut das -e ausgefallen (darüber hinaus teilweise das -t-), sondern auch eine sogenannte r-Metathese festzustellen; dabei handelt es sich gewissermaßen um einen ,Platzwechsel‘ von -r- und nachfolgendem Vokal, wie man es auch von Vornamen (Brigitta vs. Birgitta) oder Ortsnamen kennt (Heilbronn vs. Kühlungsborn). Auch das niederländische Wort für Kruste, korst, hat diese Entwicklung durchgemacht.

Rampft ist ebenfalls ein altes Wort für die Brotrinde. In dieser Bedeutung wird es vor allem in Baden und in den westlichen Kantonen der Deutschschweiz verwendet (auch in Aussprachevarianten wie Rauft, Rouft, Reeft u. a., s. KSdS, 94f.). Anderswo bedeutet Ranft, Rampft u.ä. ‘Anfangs- oder Endstück des Brotes’. Die einen leiten das Wort vom althochdeutschen Substantiv rama ‘Stütze, Säule’ bzw. vom mittelniederdeutschen rame ‘Gestell, Einfassung’ ab, von dem sich das heutige Wort Rahmen herleitet (Kluge 1999, 665f.; Duden-Etymologie 2007, 649), die anderen von einem althochdeutschen Verb rimpfen, das die Bedeutung ‘zusammenziehen, falten, einschrumpfen’ hatte (KBS, 163). Im einen Fall hebt man also auf den Rand des Brotlaibs ab (das Wort Rand ist tatsächlich mit Rahmen verwandt, s. Pfeifer); im anderen Fall denkt man an das Aussehen der Brotkruste, die nach dem Backen für manche ,rissig‘ (s. o. die Erklärung zu Rinde) gewirkt haben mag, für andere eher wie ‚zusammengezogene‘ oder ,faltige‘ Haut.

Vor dem Hintergrund dieser Erläuterungen sind auch die beiden Varianten Schwarte und Rand gemeldet, die vereinzelt – so z. B. aus dem Berner Oberland – gemeldet wurden.