Reihenfolge der Namensnennung: Rufname + Familienname und Familienname + Rufname

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Reihenfolge der Namensnennung - Männer (Frage 16a)

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Reihenfolge der Namensnennung - Frauen (Frage 16b)

Als es im Mittelalter irgendwann nicht mehr möglich war, Personen nur aufgrund ihres Rufnamens voneinander zu unterscheiden, traten zu den Rufnamen zunehmend Beinamen (z.B. Werner der Gärtner, Hans der Pfister, Simon zum Tor, Friedrich der Schieler, Jan van den Bruck, Gottfried von Straßburg, Hildegard von Bingen etc.). Diese Zweinamigkeit war im 15. Jahrhundert in fast allen deutschsprachigen Gebieten üblich. Aus den Beinamen sind die heutigen Familiennamen entstanden.

Standardsprachlich betrachten wir die Reihenfolge Rufname + Familienname nicht nur als die einzig richtige, sondern auch als die ,normale‘ Reihenfolge – was schon die Bezeichnungen ,Vorname‘ und ,Nachname‘ zeigen. Allerdings machen alphabetische Namenslisten, wie wir sie im Telefonbuch, in Namenslisten bei Behörden etc. finden, deutlich, dass die umgekehrte Reihenfolge Familienname + Rufname wegen der größeren Vielfalt an Familiennamen ein übersichtlicheres Ordnungsprinzip sein kann.

Auch in der Alltagssprache vieler Regionen findet sich genau diese Reihenfolge. Sie konnte und kann den Bewohnern eines Orts oder eines Gebiets eine gute Orientierung geben, von wem gerade die Rede ist: Ausgangspunkt ist ein am Ort bekannter Familienname, z.B. Unteregger, Wagner, Moser, Hafner etc. Der danach erwähnte Rufname identifiziert dessen Träger oder Trägerin als zu der entsprechenden Familie gehörig, also z.B. (der) Unteregger Hans, (die) Wagner Anna, (der) Moser Simon, (die) Hafner Maria etc. (Und wenn einem der Vorname eines Kindes gerade nicht einfällt, kann man etwa immer noch sagen: „Das ist einer von den Moser-Jungs/-Buam.“) Dabei muss der ,Familienname‘ übrigens traditionell nicht immer der amtliche Name sein, der im Pass steht: In vielen Gebieten Österreichs oder auch Norddeutschlands wird statt des Familiennamens der Haus- oder Hofname genannt, der auch bei Einheiratung eines Ehepartners, der einen anderen Familiennamen trägt, im Sprachgebrauch des Orts beibehalten wird. So kann jemand am Ort (der) Unteregger Hans genannt werden, obwohl sein amtlicher Familienname Hans Mayer lautet. Traditionell waren mit den Hof- und Hausnamen auch immer Erb- und Besitzansprüche verbunden.

Die Reihenfolge Rufname + Familienname tritt in zwei Varianten auf: Im Norden Deutschlands ist Rufname (ohne Artikel) + Familienname die vorherrschende Variante. In einem Streifen vom Rheinland im Westen bis Sachsen im Osten in der Mitte Deutschlands sowie in einem Nord-Süd-Streifen, der vom Rhein-Main-Gebiet bis zur deutschsprachigen Schweiz reicht, ist die Abfolge bestimmter Artikel + Rufname + Familienname gebräuchlich. In fast allen anderen Gebieten – in der Mitte und im Süden Deutschlands, in Österreich (weniger in Vorarlberg) sowie in Südtirol – wird dagegen in der Alltagssprache üblicherweise die Reihenfolge bestimmter Artikel + Familienname + Rufname verwendet (wie übrigens auch im Ungarischen, z.B. a Molnár Anna). Aus wenigen Gebieten im Nordwesten und Westen Deutschlands, in Ostbelgien und in der Deutschschweiz wurde gemeldet, dass dabei kein Artikel, also die Variante Familienname (ohne Artikel) + Rufname, verwendet würde (z.B. Pellens Hein(rich)). Der Gebrauch des bestimmten Artikels in der Verbindung von Rufnamen und Familiennamen ist übrigens ähnlich verbreitet wie beim alleinigen Gebrauch des Vornamens (vgl. der Simon und die Anna: https://www.atlas-alltagssprache.de/artikelvorname/).

Der Vergleich der beiden Karten zeigt, dass es keine Rolle spielt, ob die Person, von der man spricht, männlich oder weiblich ist: Die Verteilung ist bei (der) Peter Müller / (der) Müller Peter (Fragebogen Frage 16a) nicht anders als bei (die) Maria Müller / (die) Müller Maria (Fragebogen Frage 16b).