Das reicht/langt dicke.

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"Das reicht/langt dicke (aus)." (Frage 11)

Die Karte zur Verwendung von dicke als Adverb in der Bedeutung 'vollständig, voll und ganz, reichlich' in dem Satz Das reicht dicke aus zeigt eine klare Nord-Süd-Teilung: Nördlich des Mains und im Westen noch einschließlich von Saarland und Rheinland-Pfalz antworteten die Informanten fast überall, die Wendung sei bei ihnen so üblich. In Baden-Württemberg, Bayern, Österreich und der Schweiz sowie Südtirol, Lothringen und dem Elsaß wurde dagegen zumeist angegeben, sie sei unüblich. Strichweise, vor allem in Anschluss an das "üblich"-Gebiet, wurde im Südteil die Option manchmal ausgewählt, was auf eine leichte Ausbreitung nach Süden hinzudeuten scheint, insbesondere am Oberrhein und in Franken.

Nach dem VWB (2016) ist dicke ein "Grenzfall des Standards", das Duden-Wb. (DUW) stuft es als "umgangssprachlich" ein (ohne regionale Begrenzung) und führt es auf das im Mhd. und Fnhd. geläufige Adverb dicke 'oft' zurück. Letzteres passt jedoch nicht besonders gut zur Bedeutung des heutigen dicke und vor allem schlecht zu dessen Verbreitung: Nach dem DWB (II, 1078) war "diese bedeutung von dick ... am ende des 17ten jahrhunderts in der schriftsprache beinahe erloschen ... indessen dauert sie in Süddeutschland und in der Schweiz in der sprache des volks noch heute fort", der Ausdruck müsste also gerade im Süden und nicht im Norden üblich sein, wenn er auf diese speziell adverbiale Verwendungsweise von dick(e) zurückginge.

Semantisch näherliegend ist der Zusammenhang mit Verwendungen von dick, bei denen sich die Bedeutung von 'beleibt, rund' zu 'überquellend, mehr als genug' o. ä. verschoben hat (vgl. auch DWB II, 1074), etwa dick satt sein, eine dicke Stunde, es ist noch dick Zeit für den Zug (ShWb I, 1504f.). Der weitere Weg kann dann in Richtung 'überdrüssig' führen: die Faxen dicke haben, oder zu "angefüllt, voll, berauscht, aufgeschwollen, drückend, lästig, wüst, verhärtet, stark" (DWB, ebd.)

Die Form mit -e, die im Mittelhochdeutschen noch die Normalform war und auch noch bei Lessing vorkommt (DWB II, 1073), könnte sich im heutigen dicke ausreichen mit einer Verbreitung dieser speziellen Verwendungsweise vom Ostmitteldeutschen her erklären lassen, wo auslautendes -e in größerem Umfang erhalten ist als in der Standardsprache (vgl. z.B. "fragt man am Harz wie weit bis dahin? so antwortet man zwei stunden und die sind dicke", DWB II, 1074).