Quark/Topfen

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Quark/Topfen (Frage 1l)

Frage 1. l) zielte auf Bezeichnungen für „eine cremige bis halbfeste eiweißreiche Masse aus geronnener Milch“. Die Karte weist eine recht klare Verteilung aus: In Deutschland und in der Schweiz wird dieses Produkt ganz überwiegend als Quark bezeichnet. In Österreich heißt es Topfen. Quark ist – in den Formen twarc, quarc u. a. (s. Lexer) – schon im Mittelhochdeutschen bezeugt, es handelt sich um ein Lehnwort aus dem Slawischen, vgl. polnisch twaróg oder niedersorbisch twarog (Pfeifer). Die Herkunft von Topfen ist dagegen umstritten; die Bezeichnung könnte sich auf die ursprüngliche Herstellung in Töpfen (Kluge) beziehen oder etwa mit Tupfen ‘Fleck, Punkt’ zusammenhängen, „da Quark aus geronnenen Milchklümpchen besteht“ (Pfeifer). Interessant sind auch die kleinräumigen Varianten. In Ostbelgien (wie früher auch noch in den Mundarten der Aachener Gegend) wird die Masse Makei genannt; die Bezeichnung maquée für Quark existiert auch im belgischen Französisch, sie stammt aus dem Wallonischen (zu maker ‘schlagen’, s. Francard u.a. 2010, 232f.). Auch das aus dem Hessischen noch gemeldete Wort Matte ist wohl romanische Ursprungs, vgl. etwa nordfrz. maton ‘Quark’, und hängt mit mattus ‘niedergeschlagen, feucht’ zusammen (Post 1982, 168f); nach einer anderen Erklärung  geht es auf lat. matta zurück, womit sich das Wort auf eine ‘Decke aus Binsen etc.’ und damit „auf die Unterlage“ beziehen könnte, „auf der die geronnene Milch zum Trocknen ausgebreitet wurde“ (Kretschmer, 561). Die in Luxemburg und auch in der Pfalz gebräuchliche Variante weißer Käse ist selbsterklärend. Bib(b)eleskäs(e) wird der Quark noch in Baden und in Teilen Schwabens,  vor allem aber im Elsass und in Lothringen genannt, wo er gern zum Vesperbrot gegessen wurde (ElsWB I, 473, LothWB I, 41). Bib(b)ele ist dabei die Bezeichnung für ‘Hühnchen’ (s. ElsWB I, Sp. 173: Bibbelesfleisch ‘Hühnchenfleisch’), was auf den früher verbreiteten Gebrauch deutet, diesen Käs auch als Futter für junge Hühner zu verwenden (dazu gehört auch die unten genannte Variante Zibeleskäs(e), vgl. KBS 2006, 161). Im Osten Südtirols heißt es (der) Tschotten. Dieses Wort geht – wie das in Schweizerdeutschen Dialekten oder in den Dialekten des Ries bekannte Schotten – wohl auf lat. excocta (materia) ‘ausgekochte (Materie)’ zurück und bezeichnete die beim Erwärmen der Milch entstandene Masse (Schweizer Idiotikon Bd. 8, 1531ff.; KBS 2006, 160f.; KSBS 2007, 220f.). Die hier exemplarisch aufgeführten Bedeutungsangaben machen auch deutlich, dass das, was in den Dialekten mit den verschiedenen Varianten bezeichnet wurde, aufgrund unterschiedlicher Herstellungsarten nicht immer genau dem entspricht, was heute unter dem industriell gefertigten Produkt verstanden wird.

Im Vergleich zur WDU-Karte (WDUIV-30) mit Daten aus den 1970er und 1980er Jahren zeigt sich zum einen, dass früher kleinräumig verbreitete Varianten wie Zibeleskäs(e) (Franken), Weißkäse (Berlin, Brandenburg) oder Klatschkäse (z. T. im Rheinland) heute nicht mehr gebräuchlich sind. Zum anderen kann man feststellen, dass in Deutschland auch die anderen Konkurrenzformen zu Quark weiter zurückgegangen sind; dies betrifft weißer Käse oder Matte, am stärksten aber Topfen, das schon in den Dialekten im Süden Bayerns (KBS 2006, 160f.) und nach der WDU-Karte wohl auch noch in der standardnäheren Alltagssprache in ganz Ober- und Niederbayern, z. T. auch noch in der Oberpfalz üblich war, nun aber nur noch aus Orten in der Nähe zu Österreich gemeldet wurde.